Grissemann und Stermann

Foto: ORF/Milenko Badzic

Heute geht es um ein Stiefkind unter den Minderheiten. Nicht bloß um ein marginalisiertes Spezialprogramm zu später Stund', sondern um ein selbst dort nur in den Sendungsritzen, den dürren Fugen zwischen den Blöcken ausnehmbares Gewächs. Und: Kaum erblüht, ist es schon wieder verschwunden.

Es geht um Apotheker Edlinger. Der wird in der Donnerstagnacht des ORF wieder die beiden Gäste von "Willkommen Österreich" vorstellen. Pointiert und goschert.

Thomas Edlinger, der vieles, nur kein Apotheker ist, macht das jede Woche. Es sind ausnahmslos witzige, die Aufmerksamkeit bindende Kleinode, die der aus der FM4-Sendung Im Sumpf bekannte Journalist textet. Daneben kuratiert er in Kunst und Kultur herum, veröffentlicht Bücher und zählt zu jenen FM4lern, die den Pflichtverteidigungseid auf den Sender verweigert haben und deren Eitelkeit wohltuend verkümmert ist.

Als Apotheker Edlinger destilliert er aus üppigen Biografien Miniporträts - illustriert von dazu passend gemachten Bildern. Wenn es wie zuletzt um den vielreisenden Roger Willemsen geht, sieht man dann beim Begriff Reise eben den früheren Papst beim Flughafenmarkieren mittels Feuchtkuss.

Das liest sich mäßig sexy, aber in der Dichte, im Tempo der Bildfolge und der assoziativ rasenden Texte, ergibt das einen Funkenflug, den das Fernsehen nur selten bietet.

Unbedankter als Edlinger sind nur noch jene Mitarbeiter, die seine Texte lustvoll mit Bildern aus dem Archiv versehen. Ihr Lohn sei die Gewissheit, dass niemand sonst so pfiffig pfeffert. Die Würze der Kürze, buchstäblich. (Karl Fluch, DER STANDARD; Printausgabe, 27.1.2011)