Tunis/Brüssel - Die EU hat am Donnerstag eine Diplomatenmission nach Tunesien geschickt, um bei der Vorbereitung von Wahlen nach dem Sturz von Präsident Zine El Abidine Ben Ali zu helfen. Geführt wird das Team von Spitzendiplomat Hugues Mingarelli. Es seien Treffen mit Vertretern der Übergangsregierung und Menschenrechtsorganisationen geplant, teilte EU-Außenpolitikchefin Cathrine Ashton mit.

"Die EU will beim demokratischen Übergang politische, juristische und technische Hilfe bereitstellen", hieß es in einer Erklärung. Dazu gehöre auch Unterstützung bei der Aufklärung der Gewalt während der Massenproteste Anfang Jänner, die zur Flucht Ben Alis führten.

Gegen das gestürzte Regime bereitet die EU zudem Sanktionen vor, die am kommenden Montag von den Außenministern der Union beschlossen werden sollen. Es herrscht bereits grundsätzliche Einigung darüber, die Guthaben der flüchtigen ehemaligen Führungsriege einzufrieren.

Die tunesische Übergangsregierung hat inzwischen einen internationalen Haftbefehl gegen Ben Ali, dessen Ehefrau Leila Trabelsi und weitere Mitglieder des Clans ausgestellt. Ben Ali wird unter anderem vorgeworfen, illegal Geld ins Ausland gebracht und Immobilien erstanden zu haben, sagte Justizminister Lazhar Karoui Chebbi am Mittwoch. Interpol wurde um Hilfe gebeten.

Die mit Spannung erwartete Umbildung der tunesischen Übergangsregierung verzögerte sich unterdessen weiter. Ursprünglich war geplant gewesen, das umgebildete Kabinett bereits am Mittwoch vorzustellen. Aus Regierungskreisen war jedoch zu erfahren, dass sich die Verhandlungen über die Zusammensetzung der neuen Regierung noch hinzögen.

Demnach konnte auch nach zwei Tagen intensiver Gespräche keine Einigung erzielt werden, wie umfassend die Umbildung sein sollte. Ministerpräsident Mohammed Ghannouchi zeigte sich bereit, die Amtsinhaber der drei Schlüsselressorts Äußeres, Inneres und Verteidigung neu zu besetzen, die alle noch von Gefolgsleuten Ben Alis geleitet werden. Der mächtigen Einheitsgewerkschaft UGTT reiche dies jedoch nicht, sie verlange den Rückzug von mindestens zwei weiteren Ministern der früheren Regierungspartei RCD, verlautete aus Regierungskreisen. Tausende Tunesier und die UGTT fordern seit Tagen den Austritt aller Gefolgsleute Ben Alis aus der Regierung. (dapd, AFP, red/DER STANDARD, Printausgabe, 28.1.2011)