In diesen Tagen ist viel vom Primat der Krone über die Politik mit ihrem Primat über Militärs die Rede, die sich mit dieser Befehlskette nicht ohne weiteres abfinden wollen. Im Sturm der Reformen, der seit zwei Jahren über Österreich hinwegfegt, ist nun ein Generalstabschef gefallen - soll noch jemand sagen, unter dieser Koalition gehe nichts weiter. Ob auf dem Feld der Ehre, darüber hat die Geschichte noch nicht gerichtet, aber es ist ein Soldatenschicksal, das eine noch immer nicht aus dem Amt gewehte Innenministerin zu einem Vergleich beflügelte, der auch einem Zivildiener einen Platz in Walhalla sichern sollte. Koalitionäre Harmonie!

Ist der Meißel auch nicht die Waffe des Offiziers, sollte dieser doch über so viel taktische Mobilität verfügen, ihn rasch fallen zu lassen, wenn Primaten der Politik den ihren nach jahrzehntelangem Meißeln im Steinbruch der allgemeinen Wehrpflicht von einem Krone-Aufmacher zum nächsten fallen lassen. Wer den historischen Weg der österreichischen Sozialdemokratie von Victor Adler und Otto Bauer über Bruno Kreisky zu Hans Dichands Nfg. kreuzt, für den gilt nur noch, angesichts der bedingungslosen Kapitulation besagter Primatsausüber vor dem Boulevard in Habtachtstellung zu verfallen.

Schon aus Respekt vor der Demokratie. Denn tun sich manche Politiker auch schwer, den Willen der Mehrheit zu erkennen und noch schwerer, ihm zum Durchbruch zu verhelfen, lassen sie sich umso lieber von dem Motto "Drei Millionen Leser können nicht irren" erleuchten, wenn sich ihre Meinung spontan mit der deckt, die sie zuvor in Wort, Bild und Gedicht geliefert bekommen, aus welchen Motiven immer. Dann ist jeder Zweifel ausgeräumt, wo die Mehrheit steht und was sie will, egal, ob sachliche Grundlagen dafür - im gegebenen Fall eine neue Sicherheitsdoktrin - vorliegen oder nicht.

Ebenso klar wie der Reformbedarf beim Bundesheer steht fest, dass dieses bei bescheidenem Budget das von ihm Geforderte bisher geliefert hat: fehlerfreie Auslandseinsätze, wirksamen Katastrophenschutz und billige Arbeitskräfte für den Zivildienst. Zweifel, ob eine Berufsarmee um dasselbe Geld oder gar weniger, dasselbe leisten könnte, sind längst nicht ausgeräumt. So eilfertig, wie vom kleinformatigen Oberbefehlshaber gefordert, hätte man nicht "durchgreifen" müssen, wenn man damit auch noch den tatsächlichen desavouiert. Aber das gehört zum Programm der Krone, spätestens seit sie Erwin Pröll nicht in die Hofburg brachte.

Die Krokodilstränen, die nun ob des Zwanges junger Männer unter das Joch des Gewehrs von jenen vergossen werden, für die die allgemeine Wehrpflicht bis neulich aus guten historischen Gründen "in Stein gemeißelt" war, konnten Zweifel an einem Berufsheer bisher nicht wegschwemmen. Umso weniger, wenn manche schon mit einer allgemeinen Zwangsverpflichtung junger Menschen als billige Arbeitsdienstleister im Sozialbereich liebäugeln.

Dennoch schade, dass die schreibende Mehrheit ihren erwiesenen Einfluss auf die Reform des Heeres konzentriert. Neun Landeshauptleute brennen nur darauf, der Krone bei der Abschaffung des Föderalismus zur Hand zu gehen. Also mehr Druck bitte! (Günter Traxler, DER STANDARD, Printausgabe, 28.1.2011)