Ab 20. Juli dann auf der Seebühne in der Regie von Keith Warner zu sehen - die Oper "André Chénier", in Lech inszeniert von Eike Ecker.  

Foto: Bregenzer Festspiele /andereart

Lech - Fast schien es zuletzt, als wären die Bregenzer Festspiele von winterlicher Langeweile befallen worden - als wären sie auch ein wenig neidisch auf die Salzburger Sommer- und Osterfestspiele mit ihren (finanzielle Ungereimtheiten betreffenden) Schlagzeilen: Als wollte der Seebühnenstar die Fähigkeit signalisieren, auch Haedlines abseits des Künstlerischen produzieren zu können, beschenkte er die überraschte Öffentlichkeit mit einem Zwist um die Nachfolge von Intendant David Pountney.

Festspielpräsident Günter Rhomberg bekundete, Pountney würde nicht verlängert werden. Pountney jedoch gab an, sich dennoch quasi als sein eigener Nachfolger bewerben zu wollen. Nun, rechtzeitig zur Lecher Premiere im Schnee, ist einiges klarer geworden: Pountney wird ein Jahr länger, also bis 2014, Intendant bleiben. Und Rhomberg, selbst in die Kritik geraten, teilte mit, nach 2012 für eine weitere Amtsperiode nicht mehr zur Verfügung stehen zu wollen.

"Es ist ein üblicher Vorgang, intern über Strukturelles und Personelles zu diskutieren", so Rhomberg. "Diesmal ist das halt nach außen gegangen. Aber wir haben eine Gemeinsamkeit gefunden. Für uns ist die Angelegenheit jetzt erledigt." Erledigt jedenfalls in dem Sinne, dass Pountney über die Vorgänge nicht mehr reden will. Viel wichtiger sei, die kommende Sommerproduktion André Chénier zu bewerben.

Kalkuliertes Risiko

Schließlich sei die Geschichte um den (in französische Revolutionswirren) geratenden Dichter "den Bregenzer Besuchern, die kein typisches Opernpublikum sind, nicht so geläufig". Somit sei die Oper von Umberto Giordano "ein kalkuliertes Risiko", so Pountney. Und Rhomberg: "Es muss sich weisen, wie stark die Marke Bregenz ist." Die Sorge mag unbegründet sein; das Marketingbudget erhöht zu haben schadet dennoch nicht. Vorsorglich hat man den Besuchern vorigen Sommer eine Chénier-CD zum Einhören mit auf den Heimweg gegeben.

Und auch die in Lech auf einem Schneebühnenbild präsentierte Premiere mag ihren Werbezweck erfüllen. Bis zu 3000 Kälteresistente erlebten eine Freiluftinszenierung von Werkausschnitten, die mit viel Trockeneisnebel, filmischen Mitteln und Ballett gewärmt wurden.

Für Karine Babajanyan (als Maddalena), Hector Sandoval (als Chenier) und John Lundgren (als Gerard) gab es jedenfalls Szenenapplaus. Zu Recht: Auch bei Temperaturen weit im Minusbereich schmetterten sie tollkühn Romantisches - und dies vor einem riesigen Dekolletee aus Schnee und Eis. Wobei die darstellerische Wendigkeit etwas weniger beeindruckte als ihre Rahmenbedingungen: Rund 1900 Kubikmeter Schnee wurden in zweiwöchiger Arbeit in der Naturkulisse des Schlosskopfplatzes präpariert - zu einer ansehnlichen Opernpiste. Somit bleibt sich Bregenz treu. Es erreicht Kunstqualität immer auch im Kampf mit den Launen der Natur - auch hier.

Dass das Verhältnis Rhomberg/Pountney nun auf jene Minusgrade abgekühlt sei, die in Lech herrschten, ist indes nicht zu behaupten. Pountney betont, wie viel Unterstützung er in den letzten Jahren vom Präsidenten erfahren habe: "Es ist keine Selbstverständlichkeit, so eine Oper und auch das Projekt der drei Uraufführungen der nächsten Jahre durchziehen zu können. Da genieße ich volle Unterstützung", so Pountney. Auf die Frage, ob er sich nun also nicht mehr für seine Nachfolge bewerben wird, antwortet Pountney jedoch nicht. Er bestätigt nur, dass ihm die Arbeit in Bregenz "Spaß macht. Das können Sie auf jeden Fall schreiben." Wie immer man das deuten und wenden mag - ein Bewerbungsdementi ist das nicht. (Ljubiša Tošić, DER STANDARD - Printausgabe, 29./30. Jänner 2011)