Mönchengladbach/Berlin - Es ist eine ungewöhnliche Geste: Als das Team der Sonderkommission "Mirco" am Freitag zur Pressekonferenz erscheint, applaudieren die anwesenden Journalisten. Nach viereinhalb Monaten ist der Mord an dem Zehnjährigen aus Gefrath (Nordrhein-Westfalen) für die Polizei endlich geklärt. Ein 45-jähriger Familienvater habe gestanden, den Buben sexuell missbraucht und dann getötet zu haben. Sein Motiv für die Tat: Frust.

Rückblende zum 3. September: Olaf H., ein Angestellter der Telekom in Bonn, ist nach einem Streit mit seinem Chef auf dem Weg nach Hause. Bei Gefrath sieht er gegen 22 Uhr den zehnjährigen Mirco, der - nach einem Abend im Skateboard-Park - ebenfalls auf dem Heimweg ist. Er fährt Rad.

Olaf H. soll dem Buben befohlen haben, ins Auto zu steigen. Dieser ist völlig überrumpelt und steigt ein. Zunächst sei der Mann ziellos hin und her gefahren, dann auf einen Feldweg abgebogen, wo er Mirco missbraucht und getötet habe. "Dem Täter ging es offenbar um einen Akt der Erniedrigung, er wollte Macht über sein Opfer ausüben", sagt Kommissar Ingo Thiel.

Tornados im Einsatz

Mirco wird auf dem Feldweg liegengelassen. Der Mann fährt nach Hause, erzählt seiner Ehefrau, dass er noch einen Kollegen getroffen habe. In den nächsten Monaten lebt er so weiter, als wäre nichts geschehen. Die Polizei startet in dieser Zeit die größte Suchaktion, die es je in Deutschland gegeben hat. Zeitweise sind 1000 Polizisten im Einsatz, auch Tornados der Bundeswehr suchen mit Wärmebildkameras. Die Ermittler sind sich sicher: Wir haben den Täter, wenn wir sein Auto finden.

Denn ein Zeuge hatte am 3. September beobachtet, wie ein Mann mit einem silberfarbenen Passat einen Buben angehalten und danach dessen Fahrrad zur Seite geschoben hatte. Es handelte sich dabei um einen Leasingwagen, der jetzt nach Russland verkauft werden sollte. Kurz davor gelang es der Polizei, ihn ausfindig zu machen und eindeutige DNA-Spuren sowie Spuren von Mircos Kleidung im Wagen sicherzustellen.

Laut Kommissar Thiel gilt Olaf H. "in seinem Umfeld als treusorgender Familienvater". Er ist verheiratet, hat drei eigene Kinder, ist nicht vorbestraft und war bisher nicht wegen pädophiler Neigungen aufgefallen. Mirco sei "ein Zufallsopfer" gewesen.

Thiel schilderte am Freitag bei der Pressekonferenz auch, wie sich die Verhaftung abgespielt hatte. Der Mann sei bei der Festnahme ganz ruhig gewesen und habe erklärt: "Okay, dann sag ich euch, wo der Junge liegt." (bau/DER STANDARD, Printausgabe, 29./30.1.2011)