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Foto: Francois Mori/AP/dapd)

Paris/Wien - Ist in der Männermode eine neue Einfachheit ausgebrochen? Als Raf Simons in Mailand die Amish als Inspirationsquelle für seine gesteppten Anzüge für Jil Sander nannte, mochte man noch an ein verirrtes Schäfchen glauben. Seit den Männermodetagen in Paris weiß man aber: Ein beträchtlicher Teil der Modeherde nahm sich bei der urtümlichen Religionsgemeinschaft ein Beispiel. Am offensichtlichsten war das bei Dior Homme zu sehen, wo Designer Kris Van Assche Hüte mit breiten Krempen zu knielangen Westen kombinierte. Die Farben: außer einigen Tupfen Rot nur Schwarz und Grau.

Die knalligen Farben, die bei vielen Mailänder Designern zu sehen waren, wichen in Paris gedeckteren Tönen. Bei Louis Vuitton (auch hier wurden die Amish zitiert) setzte Designer Paul Helbers allerdings anderweitig Akzente, und zwar vor allem im Bereich der Oberteile. Schmale Gürtel hielten Sakkos auf Taille, Doppelreiher dominierten.

Neue Enge

Die kommende Wintersaison wird in der Männermode allgemein eine von leichten Verschiebungen sein. Bei Yves Saint Laurent experimentiert Designer Stefano Pilati mit in die Länge gezogenen, beinahe sanduhrenhaften Silhouetten, und auch bei Lanvin war eine neue Enge zu beobachten - wobei diese teilweise durch weite, beinahe marlenehafte Hosen wettgemacht wurde. Die souveränsten kleinen Sprünge machte diesmal aber Véronique Nichanian bei Hermès. Ohne groß die Trommel zu rühren, hat die Designerin die Herrenmode des französischen Klassikerhauses auf Vordermann gebracht.

Solcherlei edle Zurückhaltung muss man sich erst einmal leisten können. Das von seinen Parfums lebende Modehaus von Thierry Mugler (es ist im Besitz von Clarins) kann und will das nicht. Der neue "Designer" ist einer der derzeit größten Krawallmacher der Mode, und zwar Nichola Formicchetti, der Stylist von Lady Gaga. Bei seinem Debüt knallte Muglers Powersuite auf Neopren, Latex- und Lederkreationen à la Mad Max. Eine unwahrscheinliche Kombination, aber immerhin gut gestylt.

Ob man auch im Geschäft nach den Kreationen greifen wird, das wird sich noch zeigen. Lady Gaga twitterte jedenfalls wie wild. Damit zumindest ihre Schäfchen wissen, was zu tun ist. (Stephan Hilpold; DER STANDARD, Print-Ausgabe, 29.1.2011)