"I have to disagree with you, Sir!" Die energische, routinierte Moderatorin wurde plötzlich strikt, als ihr Interviewpartner, ein Vertrauter des in die Enge getriebenen Präsidenten Hosni Mubarak, das versammelte Volk auf den Straßen von Kairo, Suez und Alexandria als "mob" bezeichnete: "You can't say these people are mobs!"

Journalistisch mag es fragwürdig sein, sich als Berichterstatterin des Konflikts zwischen Demonstranten und Regime involvieren zu lassen. Für Beobachter auf der anderen Seite des Mittelmeers war am Wochenende der englische Livestream des in Ägypten inzwischen verbotenen arabischen Nachrichtensenders Al-Jazeera aber eines der besten Mittel, um in die Revolutionsstimmung des Landes einzutauchen.

Weniger glatt poliert als CNN und mehr aus der Perspektive des Landes und der Demonstranten heraus berichtet, wechselten sich Schaltungen zu Korrespondenten auf windigen Balkonen in Alexandria mit rauschenden Telefonstimmen aus dem Straßentumult ab. Die improvisierten Interviews und die Bilder der oft nur vom Büro des Senders in Kairo aus gefilmten Menschenmassen illustrierten die Revolution und suggerierten Bewegung, Aufbruch und Umsturz.

Schon Freitagabend, als Mubarak den enttäuschenden Regierungswechsel ankündigte, Barack Obama, wenn auch unentschlossen, immerhin redete (eine Lieblingsfrage am Samstag: "Is President Obama backing the right horse?"), die Menschen aber auf der Straße blieben und den Soldaten Blumen schenkten, schien der Fall des Regimes zum Greifen nah. Al-Jazeera scheute sogar nicht den Vergleich und sprach von einem arabischen "1989".(Alois Pumhösel, DER STANDARD; Printausgabe, 31.1.2011)