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"Wo sind sie nur?" Der österreichischer Grenzschutz könnte mangels Nachfrage ab Mai vergeblich nach einwandernden Arbeitsmassen aus Osteuropa ausspähen.

Foto: APA/EPA/Edgar Schütz

Eigener Fachkräftemangel, gestiegener Lebensstandard, zu wenig Mehrwert: Der befürchtete Run auf Österreich wird nach der Öffnung des Arbeitsmarktes ausbleiben, prognostizieren Gewerkschafter osteuropäischer Länder.

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Wien - In Österreich schwingt beim Thema Arbeitsmarktöffnung stets die Angst mit. Die heimischen Gewerkschaften befürchten Lohndumping und rechnen mit bis zu 25.000 neuen Arbeitskräften. Ihre Kollegen in Osteuropa beurteilen die Lage ab Mai 2011 hingegen unaufgeregt - zeigte sich bei einer Konferenz in Wien.

"Die meisten Arbeitnehmer, die in Österreich arbeiten wollten, sind schon längst hier", sagte Emil Machyna, Präsident der slowakischen Metaller-Gewerkschaft, zum Standard. Und was hier wenig bekannt ist: Auch in der Slowakei gibt es bereits Fachkräfte-Mangel. Momentan fehlen beispielsweise Ärzte.

Für Menschen, die im Großraum Bratislava leben, werde der Anreiz, wegzuziehen, auch immer kleiner. Der Lebensstandard sei dort bereits 14 Prozent über dem EU-Schnitt, sagt Machyna. Pendler wiederum würden maximal 100 Kilometer fahren - "und nur, wenn man ihnen einen Mehrwert bietet, das tut man aber oft nicht".

Sein tschechischer Kollege Josef Stredula hat zwar Verständnis dafür, dass man in Österreich ein eigenes Anti-Lohndumping-Gesetz mit strengeren Kontrollen und höheren Strafen vorgelegt hat, meint aber auch: "Es besteht kein Grund, Angst zu haben." Stredula: "Es arbeiten mehr Österreicher und Deutsche in Tschechien als umgekehrt." Die Lohndruck-Diskussionen kennen beide Gewerkschafter auch aus ihrer Heimat: Allein in Tschechien arbeiten 350.000 Ukrainer.

Bela Balogh, Präsident der ungarischen Metallergewerkschaft VASAS, erwartet, dass vor allem in der Landwirtschaft Arbeitskräfte nach Österreich kommen werden. Zuletzt waren im Rahmen der Fachkräfte-Verordnung rund 27.600 Ungarn in Österreich beschäftigt - die größte Gruppe unter den neuen EU-Mitgliedern. An zweiter Stelle folgt bereits Rumänien (15.800) - und das, obwohl Rumänien und Bulgarien auch nach dem 1. Mai noch von der uneingeschränkten Freizügigkeit ausgenommen bleiben.

Kaum Bewegung erwartet die slowenische Gewerkschafterin Lidija Jerkic. In der Grenzregion würden in Slowenien bereits gute Gehälter gezahlt. "Und wir haben den Ruf, nichtmobile Arbeitskräfte zu sein. Um zu übersiedeln, muss man uns einen guten Grund liefern. Österreich ist in diesem Fall kein guter Grund." (Günther Oswald, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.1.2011)