Wer im Frühjahr des Vorjahres erst den Hilfseinsatz für Griechenland und später den Schutzschirm für weitere Wackelkandidaten kritisierte, musste sich einiges anhören lassen. Unsolidarisch und verantwortungslos waren da noch die freundlicheren Prädikate. Kredite an Athen würden auf Heller und Pfennig zurückgezahlt, die Garantien für andere Euroländer erst gar nicht in Anspruch genommen.

Mittlerweile klingt alles etwas anders. Irland benötigte Hilfsgelder, weitere Staaten dürften folgen. Und das Modell Griechenland bricht in sich zusammen. Ganz einfach, weil die exorbitante Schuldenlast trotz massiver Einsparungen nicht zu stemmen ist. Knapp ein Jahr nach dem ersten Rettungspaket wird der Notausgang gesucht. Immer mehr deutet darauf hin, dass es ohne Schuldenerlass nicht gehen wird. Das dürfte nicht nur für Griechenland gelten.

Spät, aber doch, kann man nur sagen. Die Maßnahme würde einen ziemlichen Fortschritt bedeuten:Das Dogma, dass alles aufgefangen werden muss, was fallen kann, hat Europa in eine Sackgasse geführt. Und auch einigermaßen stabile Länder in ein gefährliches Fahrwasser manövriert.

Gläubiger von Pleitiers müssen an den Verlusten beteiligt werden. Wer dieses Prinzip nicht beherzigt, wird sich auf absehbare Zeit nicht aus dem Würgegriff des Finanzsystems befreien können. Gut, wenn solche Überlegungen nach fast einjähriger Schrecksekunde aufgegriffen werden. (Andreas Schnauder, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 31.1.2011)