Spät, aber doch hat die ÖBB-Führung ein paar der mit dem Winterfahrplan verordneten Verschlechterungen nun gestoppt. Das rote Signal war überfällig. Denn Aktionen wie die Verkürzung der Geltungsdauer von Rückfahrtickets oder die Abschaffung der Schaltfläche "Ab Stadtgrenze" brachten der kapitalschwachen Staatsbahn keine Mehreinnahmen, aber nachhaltigen Kundenärger.

Wenn nun Fahrgastvertreter Lob für die Maßnahme äußern: Zufriedenes Schulterklopfen ist in den ÖBB-Chefetagen dennoch unangebracht. Mehr als ein richtiger Anfang war das nicht. Im Gegenteil. Nach einem halben Jahr der Anamnese sollte ÖBB-Holding-Chef Christian Kern eine Diagnose stellen - und zeigen, wohin die Reise gehen muss, wenn der Personenverkehr nicht entgleisen soll.

Handlungsbedarf gibt es etwa bei den sogenannten SB-Strecken. Im Gegensatz zur Bim, bei der in jedem Zug ein Ticketautomat steht, muss der ÖBB-Fahrgast erahnen, in welchem Zugtyp welche Regel gilt. Dass die ÖBB-Vorteilscard-Ermäßigung in ÖBB-Postbussen nicht gewährt wird, obwohl nach Nebenbahnenschließungen keine Züge mehr fahren, ist ärgerlich und eine versteckte Preiserhöhung.

Wiewohl die Zahl der Bahnfahrer im Nahverkehr steigt: Geistig haben sich bereits mehr Öffi-Fahrer von der Staatsbahn verabschiedet, als der ÖBB lieb sein sollte. Viele bleiben nur mangels Alternative an Bord - und weil sie als Steuerzahler immer zahlen, auch fürs Nichtfahren. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD; Printausgabe, 31.1.2011)