Port-au-Prince - US-Außenministerin Hillary Clinton hat den Regierungskandidaten für das Präsidentenamt in Haiti, Jude Célestin, zum Rückzug aufgefordert. "Wir haben ganz deutlich gemacht, dass wir die Empfehlungen der OAS unterstützen und wollen, dass sie befolgt werden", sagte sie nach Angaben des US-Außenministeriums am Sonntag (Ortszeit) aus Anlass eines Besuchs in dem krisengeschüttelten Karibikstaat.

Célestin war in der ersten Runde der Präsidentschaftswahlen Ende November offiziell auf Platz zwei gekommen. Die Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) und politische Gegner warfen ihm jedoch Wahlfälschung vor und forderten ihn auf, sich von der Wahl zurückzuziehen.

Clinton forderte, dass die politischen Entscheidungen der Haitianer respektiert werden müssen. Die US-Außenministerin traf während ihres Besuchs mit dem scheidenden Präsidenten René Préval sowie den drei bestplatzierten Kandidaten des ersten Wahlgangs, die frühere First Lady Mirlande Manigat, der populäre Sänger Michel Martelly sowie Célestin zusammen.

Clinton warnte zugleich indirekt, dass die Hilfe der USA für den Wiederaufbau nach dem verheerenden Erdbeben vor einem Jahr nicht bedingungslos erfolge. Auf die Frage, ob die Unterstützung wegen der politischen Ränkespiele in Haiti gefährdet sei, antwortete sie: "Zum jetzigen Zeitpunkt nicht". "Wir wollen, dass der Wiederaufbau weitergeht", sagte sie.

Die USA und die internationale Gemeinschaft drängen mit wachsender Ungeduld darauf, dass endlich Klarheit über die beiden Kandidaten geschaffen wird. Dies hatte sich immer weiter verzögert, weil Célestin und Martelly sich gegenseitig den Einzug in die Stichwahl streitig machen. Die Zeit drängt, denn die Amtszeit Prévals endet schon am 7. Februar. Nach internationalem Druck erklärte die Regierungspartei Inité am Mittwoch schließlich, dass Célestin bei der zweiten Wahlrunde, die voraussichtlich am 20. März stattfinden wird, nicht antreten werde. Der Regierungskandidat selbst bestätigte dies bisher aber nicht.

Die Wahlkommission hat das endgültige Endergebnis der ersten Runde nun für Mittwoch angekündigt. Dann müsste auch klar sein, wer gegen die Siegerin der ersten Runde, Mirlande Manigat, antreten darf.

Clinton bekräftigte auch die Unterstützung der USA für Haiti nach dem verheerenden Erdbeben vor einem Jahr. Das Beben hatte den Karibikstaat am 12. Jänner 2010 erschüttert, mehr als 220.000 Menschen kamen ums Leben. Von den 1,3 Millionen Menschen, die ihr Dach über dem Kopf verloren, müssen wegen des schleppenden Wiederaufbaus noch immer viele in Notunterkünften ausharren.

Im Oktober brach zudem die Cholera aus, der bislang mehr als 4000 Haitianer zum Opfer fielen. Clinton besuchte eine Cholera-Klinik in Port-au-Prince und lobte Fortschritte im Kampf gegen die Epidemie. Die Zahl der Neuinfektionen sinke, allerdings sei die Gesundheitsgefahr noch nicht vorbei, warnte sie. Sorgen bereitete zuletzt auch die Rückkehr des früheren Diktators Jean-Claude Duvalier alias "Baby Doc", der das Land in den 70er und 80er Jahren mit harter Hand regierte. Gegen Duvalier laufen in Haiti aktuell Ermittlungen wegen Korruption und Veruntreuung, außerdem wird er Verbrechen gegen die Menschlichkeit beschuldigt. (APA/AFP/dpa)