Wien - Es war der Zusammenprall zweier Welten auf gleicher Tasten-Höhe: In der linken Hand vernahm man ein seelenruhig pendelndes Zwei-Akkorde-Motiv, das durch unerschütterliche repetitive Statik umso mehr in andere Sphären zu entrücken schien, als sich in der rechten Hand Dramatisches ereignete: virtuos improvisierte Passagen voller Melos, in denen der Pianist ausgeklügelte Farbenspiele ebenso demonstrierte wie nuancierte Anschlagskultur.

Kontemplation versus Expression - so lautete das Duell, das sich innerhalb Gonzalo Rubalcaba abspielte und in dem man sich in zweierlei Seinszuständen wiederzufinden schien. Es war dies ein grandioser Solo-Akt des 47-jährigen Kubaners, bei dem man nur eines bedauerte: Er war leider erst als Zugabe zu vernehmen.

Die rund 100 ohne Pause abgespulten "offiziellen" Konzertminuten hatten - in doppelter Hinsicht - hingegen ihre Längen. Routiniert lieferten Rubalcaba und seine Triopartner - Matthew Brewer (Bass) und Marcus Gilmore (Schlagzeug) - die Stücke ab. Wobei sich die oft verheißungsvolle harmonisch-rhythmische Individualität der Themen immer wieder in der Gleichförmigkeit ausgedehnter Improvisationspassagen nivelliert sah.

Vor allem Rubalcaba selbst begnügte sich dabei mit voraushörbaren Phrasen, schien zudem eher an kurzfristiger Oberflächenbehübschung interessiert als an tiefergehender Entwicklung des Materials. Bassist Matthew Brewer konnte in Sachen motivischer Solo-Stringenz noch eher konvenieren. In einigen vielversprechend anhebenden Danzón- und Bolero-Dekonstruktionen, in denen Rubalcaba andeutete, dass er ja doch als Querdenker des tendenziell innovationsresistenten Latin-Jazz-Genres gilt, vernebelte indes wohl auch die für Jazzkonzerte bekanntermaßen zu hallige Saal-Akustik so manches harmonische und rhythmische Detail.

In intimerem (Club-)Ambiente wäre da einiges wohl besser zur Geltung gekommen. Immerhin: Die Ausharrenden im Publikum wurden am Ende schließlich belohnt. Das Gonzalo Rubalcaba Trio - diesmal eine jazzige Geduldsprobe mit Happy End. (Andreas Felber, DER STANDARD - Printausgabe, 1. Februar 2011)