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Von galoppierender Inflation kann man nicht sprechen - aber ein gewisser Schwung beim Anstieg der Teuerungsrate ist festzustellen.
Eurostat: Jahresteuerung steigt auf 2,4 Prozent - Noch keine Reaktion von EZB erwartet
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Wien - Die Verbraucherpreise in der Eurozone ziehen weiter an. In der jüngsten Vorausschätzung geht das Statistik-Büro Eurostat davon aus, dass die Inflation im Jänner auf 2,4 Prozent gestiegen ist. Damit liegt die Teuerung nicht nur über dem Inflationsziel der Europäischen Zentralbank ("unter, aber nahe zwei Prozent"), sondern lag auch höher als die Erwartung privater Ökonomen. Diese hatten mit 2,3 Prozent im Jahresvergleich gerechnet, nach 2,2 Prozent im Dezember.
Die höhere Inflation wird am Donnerstag ein zentrales Thema bei der geldpolitischen Sitzung der EZB werden. Zwar dürften die Notenbanker angesichts des noch schwachen Aufschwungs die Zinsen auf dem Rekordtief von einem Prozent lassen. Doch Marktteilnehmer sind gespannt auf die Sprache von Gouverneur Jean-Claude Trichet. Bereits bei der vorigen Sitzung im Jänner hatte er die Märkte mit einer deutlichen Anti-Inflations-Rede überrascht.
Für Jürgen Michels, Europa-Ökonom der US-Bank Citigroup, war die Rede im Jänner ein "Weckruf". Er hat daraufhin seinen Ausblick entschieden revidiert. Geht es nach Michels, wird die EZB bereits im September oder Oktober an der Zinsschraube drehen, noch vor den übrigen Notenbanken in der entwickelten Welt. Der Euro hat daraufhin deutlich zulegen können. Auch nach der Veröffentlichung der höheren Teuerungsraten ist der Euro gegen den US-Dollar wieder um 0,8 Prozent gestiegen, auf über 1,37.
Allerdings ist die aktuelle Inflationsdynamik hauptsächlich durch Rohstoffpreise getrieben. Clemente de Lucia, Ökonom bei BNP Paribas, geht davon aus, dass der gestiegene Ölpreis der Hauptfaktor hinter dem Inflationsanstieg im Jänner ist. Im vergangenen Monat sei der Ölpreis um drei Euro je Fass (159 Liter) gestiegen.
Ein weiterer Teil der Teuerung kommt von den Steuererhöhungen, die in einzelnen europäischen Staaten eingeführt wurden, und die sich ebenso auf die Teuerung auswirken. Zweitrundeneffekte (gestiegene Güterpreise, höhere Löhne) spielen hingegen noch eine untergeordnete Rolle bei der aktuellen Inflationsdynamik. Das dürfte sich aber im Laufe des Jahres ändern. Ökonomen von Forschungsinstituten wie auch Jürgen Michels von Citigroup gehen davon aus, dass etwa die Lohnentwicklung in Deutschland wegen des "Aufschwung XL", wie Deutschlands Wirtschaftsminister Rainer Brüderle die Expansion nennt, 2011 deutlich positiv wird. Damit dürfte auch die Lohnpolitik in der größten Volkswirtschaft der Eurozone expansiver werden.
Vorerst bleibt aber die Rhetorik das Hauptinstrument der Zentralbank. Analysten rechnen mit keinem Zinsschritt im Februar. EZB-Geldpolitiker haben in den vergangenen Wochen aber deutlich gesagt, dass die jüngsten Preisanstiege ernst genommen werden.
So kommentierte Ratsmitglied Lorenzo Bini Smaghi, dass der Fokus der EZB auf die Kerninflation, die volatile Energie- und Nahrungsmittelpreise nicht berücksichtigt, "die Relevanz in einer globalen Welt verliert". (Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 1.2.2011)