Nach Plünderungen im Ägyptischen Museum in Kairo hat der Internationale Museumsrat (ICOM) eine Sondereinheit ins Leben gerufen. "Je länger der Zustand der Unsicherheit herrscht, desto mehr ist das Weltkulturerbe, sind die kulturellen Schätze in Not" , warnt die Ägyptologin Regine Schulz. Sie lehrt als Professorin an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität und ist Mitglied der ICOM-Geschäftsführung.

Eine "Task Force" des Rates sei derzeit dabei, die Schäden aufzulisten; eine genaue Aufstellung könne es aber erst geben, wenn in das Land wieder Ruhe eingekehrt sei. Derzeit sei die Kommunikation mit den Kollegen vor Ort zu schwierig. Vieles laufe über persönliche Kontakte.

"Im Moment wird versucht, Kunstgegenstände so schnell wie möglich - mit falschen Herkunftsnachweisen - ins Ausland zu verkaufen." Alle Staaten seien darum aufgerufen, "genau zu überprüfen, was auf den Kunstmarkt kommt" .

Im Museum in Kairo beschädigten Plünderer Mumien und brachen Vitrinen auf - "eine Katastrophe" , sagt Schulz. Auch andere Museen, Magazine und Grabstätten in Ägypten seien betroffen - viele seien nicht mehr bewacht. "Magazine an Grabstätten und die Gräber selbst standen offen - das weiß ich von Kollegen." Das Deutsche Archäologische Institut hat seine Mitarbeiter abgezogen. "Spanische Kollegen haben angeboten, Wache zu schieben - aber das ist für sie auch mit großen Gefahren verbunden" , sagte Schulz.

Kriminelle Banden versuchten inzwischen systematisch, die Situation auszunutzen und sich an den Kunstschätzen zu bereichern. "Neben den menschlichen Tragödien ist die Situation in Ägypten auch eine ganz große Tragödie für das Weltkulturerbe. Es geht nicht nur um das Erbe der Ägypter, sondern um das Erbe der ganzen Welt" , sagte sie. "Wenn da Schäden da sind, wird das - allein schon aus Gründen der Tourismuswirtschaft - jeden einzelnen Ägypter betreffen."

Irina Bokowa, Direktorin der Weltkulturorganisation UNESCO drängte Dienstag ebenso auf den Schutz aller kulturellen und historischen Stätten des Landes - in Kairo sowie in Luxor und anderswo. (dpa, AFP/DER STANDARD, Printausgabe, 2.2.2011)