Der Reiseprospekt lockt mit einer blutjungen exotischen Schönheit. Reine Werbeästhetik oder soll hier Lust auf mehr gemacht werden? Die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Kindern im Tourismus boomt - und beschränkt sich keineswegs auf die bisher dafür bekannten Reiseziele.

Je stärker der sexuelle Missbrauch Minderjähriger in den Industrieländern verfolgt wird, desto mehr verlagern sich diese (übrigens weltweit verbotenen) "Vergnügungen" in weniger entwickelte, ärmere Länder. Brasilien etwa, neuerdings aber auch Kambodscha, afrikanische Länder wie Sri Lanka oder Kenia und immer mehr osteuropäische Staaten sind Destinationen für einschlägig Interessierte. In Thailand hingegen versuchen Regierung und Touristikunternehmen mittlerweile mit vereinten Kräften, vom "Schmuddelimage" des Sextourismus wegzukommen.

Seit acht Jahren bemüht sich die Welttourismusorganisation, Problembewusstsein für die Prostitution von Minderjährigen im touristischen Geschäft zu erzeugen. Ein von der EU unterstützter Verhaltenskodex, "Code of Conduct", wurde erarbeitet, der Reiseindustrie und Öffentlichkeit für das Thema sensibilisieren und Missbrauch verhindern soll.

Denn es sind nicht nur krankhaft Pädophile, sondern immer mehr "Gelegenheitstäter" aus dem reichen Westen, die sich an Kindern vergreifen. Nach dem Motto: Fern der Heimat kann man die Sau rauslassen, hier herrschen ohnehin andere moralische Maßstäbe. Manche fühlen sich auch - fälschlicherweise - sicherer vor einer Aids-Ansteckung. Genau an diese Gruppe versucht das österreichische Institut für integrativen Tourismus und Entwicklung "Respekt" (www.respect.at) mit Infos heranzukommen. Reiseveranstalter werden gebeten, Folder mit dem Titel "Aktiv zum Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung" zu verteilen.

Doch in wirtschaftlich schwierigeren Zeiten spielt Ethik schnell eine untergeordnete Rolle. "Respect"-Projektreferentin Astrid Winkler: "Vor drei Tagen kam ein ganzes Paket unserer Flugblätter für einen größeren Reiseveranstalter retour." Das Argument: Der Tourismus kämpfe mit Umsatzeinbrüchen, da wolle man die Kundschaft nicht auch noch mit "grauslichen" Themen verschrecken. "Da rennen uns ja alle davon." Das allerdings glaubt Winkler nicht: Seit vier Jahren wird auf Flügen von Österreich nach Bangkok und Neu Delhi ein Video ("Kindesmissbrauch ist kein Kavaliersdelikt") gezeigt, und nur eine verschwindende Minderheit der Fluggäste habe sich in Umfragen darüber aufgeregt, im Gegenteil: "Viele meinten: Das muss man noch viel stärker ansprechen."

Mit "Jumbo-Touristik", dem größten heimischen Anbieter von Fernostreisen, hat "Respekt" ein Pilotprojekt laufen, andere Reiseveranstalter haben sich nicht getraut. "Wir wollen Aufklärungsgsarbeit leisten", sagt Geschäftsführer Richard Senft dazu. Die Reaktionen der Kunden seien "sehr positiv". Neben der Verteilung der Folder an die Klienten hat sich die Firma verpflichtet, den "Verhaltenskodex" ernst zu nehmen. Beispielsweise sollen Mitarbeiter speziell geschult werden. Geschäftspartner, sprich Hotelbetreiber, müssen überzeugt werden, Sex mit Kindern nicht zu tolerieren.

"Respekt" ruft darüber hinaus Touristen auf, bei einem derartigen "Kapitalverbrechen" nicht wegzuschauen, sondern solche Vorfälle zu melden. Das passiert derzeit nur spärlich. Letztes Jahr wurde das Institut beispielsweise auf einen deutschen Pädophilen in Marokko aufmerksam gemacht. Die Fahndung nach dem mittlerweile Untergetauchten läuft. Martina Salomon []