"Big Blue", wie der IT-Riese IBM in Anspielung an das Blau seines Logos und das Dunkelblau der früher stets wie Banker gekleideten Mitarbeiter genannt hat, hat in seiner inzwischen 92-jährigen Geschichte stets auch Computergeschichte geschrieben. In der Wirtschaftskrise der 30er-Jahre setzte der Gründer, Thomas Watson Sr., auf Lochkartenrechner, die im großen Stil vor allem von den neuen Sozialversicherungen gekauft wurden. In den 60er-Jahren riskierte sein Sohn Thomas Watson Jr. fünf Mrd. Dollar (ein Vielfaches nach heutigem Wert) für die Entwicklung von Mainframes - deren weltweiten Bedarf Vater Watson 1945 "auf vielleicht fünf" geschätzt hatte. 1982 definierte der IBM PC, was ein PC ist. Speichertechniken wie Magnetbänder und Festplatten sind IBM-Erfindungen.

Gesättigter Riese?

Aber obwohl IBM mit über 81 Mrd. Dollar Jahresumsatz weiterhin unangefochten das größte Unternehmen der Branche ist, haben ihr andere wie Microsoft oder Intel die Show gestohlen; und nach der Fusion mit Compaq gibt es mit Hewlett-Packard erstmals auch einen Konkurrenten annähernd gleicher Größenordnung (Jahresumsatz 2002 75 Mrd. Dollar). Ist IBM nur noch ein gesättigter Riese, der seinen technologische Kraft verloren hat?

3500 Patenten jährlich

"Von gesättigt kann überhaupt keine Rede sein", kontert der Chef von IBM Österreich im STANDARD-Gespräch, "mit 3500 Patenten jährlich machen wir mehr Erfindungen als die nächsten zehn IT-Mitbewerber", und auch die Zahl der Nobelpreisträger (zuletzt für Forschung im Bereich Superkonduktivität und Rastertunnel-Mikroskopie) in den Reihen der IBM-Forschung würde die ungebremste Innovationskraft belegen. "In den 60er- und 70er-Jahre war der Markt übersichtlicher und die Dinge waren spektakulärer", so Nonhoff.

"E-Business on Demand"

Die Entwicklung, an der IBM heute unter der Leitung des neuen CEO Sam Palmisano arbeite, sei "E-Business on Demand" - die Fähigkeit, IT-Leistungen nach den variablen Anforderungen von Kunden anbieten und verrechnen zu können. Unternehmen wollen "in Echtzeit auf Marktchancen und Bedrohungen reagieren, die Anpassung der Kapazität darf nicht drei Jahre dauern", beschreibt Nonhoff. IT-Kapazität soll wie Strom oder Elektrizität je nach Bedarf zur Verfügung stehen und bezahlen werden, statt teure Investments mit Überkapazitäten zu tätigen, nur um einen Spitzenbedarf abdecken zu können. "Dort bewegen wir uns hin, aber wir stehen am Anfang dieser Entwicklung."

Triebfeder Sparen

Grundlegend geändert hätte sich der Zugang von Unternehmen zu IT-Investitionen: Bis 2000 - zuletzt um dem befürchteten Y2K-Absturz vorzubeugen - wurde in den Aufbau von IT ohne strenge Kostenrechnung investiert, heute sei die Triebfeder für Investitionen anschließende Einsparungen. IBM selbst hätte in den vergangenen Jahren durch ein 2,7-Mrd.-Dollar-Investment 9,5 Mrd. an Einsparungen erzielt - etwa durch E-Learning, oder durch E-Procurement, durch das bisher 30-tägige Beschaffungsvorgänge auf einen eintägigen Durchlauf reduziert wurden.

75. Geburtstag feiert in .at

In Österreich, wo IBM dieser Tage 75. Geburtstag feiert, will IBM mehr als bisher im "KMU"-Bereich (Klein- und Mittelunternehmen) wachsen, nicht zuletzt eine Reaktion auf HP/Compaq, die hier stärker verankert ist. "Leider haben wir das Image, nur Große zu bedienen", sagt Nonhoff und versichert: "Niemand ist zu klein für die IBM, ob es ein PC ist oder fünf Großsysteme." (DER STANDARD Printausgabe, 10./11. Mai 2003, Helmut Spudich)