Die weltweit größte Sammlung von Bach-Handschriften wird bis Jahresende in Leipzig restauriert und soll später über das Internet abrufbar sein. "Eine digitale Kopie der kostbaren Notenblätter soll für jeden zugänglich sein, damit man darin blättern kann wie in einem Buch", sagte der Direktor des Bach- Archivs Leipzig, Christoph Wolff, am Rande einer Expertentagung in Leipzig. Rund 70 Experten aus der ganzen Welt beraten am Wochenende über Möglichkeiten zur Restaurierung und Digitalisierung von Musikhandschriften.

Neuland

"Es ist absolutes Neuland für uns", sagte Wolff. Das Bach-Archiv und die Staatsbibliothek zu Berlin - Preußischer Kulturbesitz besitzen insgesamt mehr als 90 Prozent der Autographe von Johann Sebastian Bach (1685-1750). Beide Institutionen wollen sich nach Angaben von Wolff für eine virtuelle Bach-Bibliothek zusammentun. "Durch die Zusammenführung der Handschriften entstehen auch neue Möglichkeiten für die Forschung." Die Autographe aus dem 18. Jahrhundert könnten direkt gegenübergestellt und verglichen werden. Bevor die Bach-Handschriften der breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, müsse die Restaurierung abgeschlossen sein.

Der Verfall der letzten Jahrhunderte ist nicht rückgängig zu machen

Die insgesamt zwei Millionen Euro teure Wiederherstellung sei in erster Linie durch den fortschreitenden Tintenfraß nötig gewesen, der durch die von Bach verwendete Eisengallustinte verursacht worden war. "Der Verfall der letzten Jahrhunderte ist nicht rückgängig zu machen. Wir können ihn aber stoppen und den Ist-Zustand dokumentieren", meinte der renommierte Bach-Forscher. Die Hälfte der 6.000 in Berlin lagernden Autographe war schwer bis mittelschwer beschädigt. Darunter auch die h-Moll-Messe, die Matthäus-Passion, das Weihnachts-Oratorium und zahlreiche Kantaten.

In jahrelanger Forschungsarbeit sei dazu ein Papierspaltverfahren zur chemischen und physikalischen Stabilisierung der Notenblätter entwickelt worden. "Zwar sehen die Notenblätter nach der Behandlung sehr gut aus, doch wir wissen nicht, wie sie in 50 oder 100 Jahren aussehen. Daher ist die Digitalisierung so wichtig", sagte Wolff. (apa)