Paris - Dass "der Meeresboden weniger erforscht als die Oberfläche des Mondes" sei, ist eine derart abgedroschene Phrase, dass man sie längst nicht mehr hören kann. Auch wenn ein Körnchen Wahrheit darinsteckt: So sind beispielweise noch nicht einmal alle Grenzverläufe der tektonischen Platten bekannt.

Ein weißer Fleck auf der tektonischen Karte konnte mittlerweile dank der "Owen"-Expedition im Jahr 2009 und der anschließenden Datenanalyse durch ein französisches Forscherteam ausgefüllt werden. Die Daten brachten ein bislang unbekanntes Verwerfungssystem ans Licht, das sich über mehr als 800 Kilometer im Nordwesten des Indischen Ozeans erstreckt und die Grenze zwischen der arabischen und der indischen Platte markiert. Die Ergebnisse dieser Untersuchung wurden in der Fachzeitschrift "Earth and Planetary Science Letters" veröffentlicht.

Erkenntnisse auf für Neueinschätzung der Tsunami-Gefahr nützlich

Die arabische und die indische Platte gleiten in Höhe der Owen-Bruchzone im Indischen Ozean aneinander vorbei.  Diese Zone zeichnet sich durch eine Falte aus, die sich bis zu 2000 Meter über den Ozeanboden erhebt. Die arabische Platte bewegt sich, etwas schneller als die indische Platte, mit einer Geschwindigkeit von zwei bis vier Millimetern pro Jahr nach Norden. Die vom Forschungsschiff "Beautemps-Beaupré" gewonnenen bathymetrischen Daten zeigen ein spektakuläres System von aktiven Verwerfungen, das den Owen-Rücken spaltet, sodass sich der östliche Teil der Verwerfung nach Süden hin verschiebt. Mit Hilfe einer Extrapolation der aktuellen Verschiebung konnte berechnet werden, dass diese Verwerfungen sich erst vor geologisch gesehen relativ kurzer Zeit gebildet haben.

Besonders an der westlichen Seite des Owen-Rückens sind zahlreiche Spuren von Erdrutschen zu beobachten, die wahrscheinlich durch Erdbeben entlang der Owen-Bruchzone ausgelöst wurden. Aufgrund ihres großen Volumens sind diese Verschiebungen eine potenzielle Quelle für Tsunamis an den benachbarten Küsten von Oman. (red)