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Bad Gastein hat kein Glück mit "Rettern". Im Bild ein versperrter Aufgang zum Badeschloss.

Foto: APA/Niederhauser

Während im Gasteinertal nach einer tiefen Depression in den 1990er-Jahren so etwas wie Aufbruchstimmung zu bemerken ist, verlottert das Ortszentrum von Bad Gastein zusehend. Touristiker und Geschäftsleute verzweifeln.

Bad Gastein – Unverständnis, Ärger, Ohnmacht. Wen immer man im Tal auf die Belle-Epoque-Häuser anspricht, die im Ortskern von Bad Gastein verfallen, holt zunächst tief Luft. "Das muss man sich vorstellen. In bester Lage, direkt beim Wasserfall, wo jeder Gastein-Besucher zum Fotografieren hinrennt", sagt der Kellner im Restaurant, keine 20 Gehminuten vom Zentrum entfernt. "Seit Jahren ist das so, und niemand weiß, wie lange das noch so sein wird."

Derzeit sieht es nach keinem raschen Ende aus. Der Bauindustrielle Hans Peter Haselsteiner (Strabag) hätte dem Wiener Investor Franz Duval die ehemals mondänen Hotels Straubinger, Badeschloss und Haus Austria inklusive altes Postamt abgekauft. Er wollte 100 Millionen investieren und 1000 Gästebetten schaffen.

"Man verbaut uns die Zukunft"

Im Gegenzug verlangte er grünes Licht für den Bau einer Stollenbahn auf das Schareck – eine Direktverbindung zum Mölltaler Gletscher. Dort ist er Hälftegesellschafter der Gletscherbahnen. Weil die Salzburger Landesregierung Anfang der Woche mit den Stimmen der SPÖ ihr Nein zur unterirdischen Verbindung deponiert hat, ist der Deal vom Tisch.

"Das Vorgehen der SPÖ ist unverantwortlich. Auf ihren Druck wurden die Immobilien damals an Duval verkauft", ärgert sich Bürgermeister Gerhard Steinbauer (VP). "Man verbaut uns die Zukunft." Noch hat er die Hoffnung nicht aufgegeben: "Ich hoffe, dass doch noch Vernunft einkehrt."

In den vergangenen Jahren hat sich in Gastein einiges zum Besseren gewendet. Nach tiefer Depression in den 1990er-Jahren ist Aufbruchstimmung bemerkbar. Hotelpaläste, in der Blütezeit des Gasteiner Kurtourismus Anfang des vorigen Jahrhunderts Treffpunkt des Hochadels, wurden abgetragen. Zumindest sie können nicht mehr den morbiden Charme verströmen, der sich bei langem Leerstand zwangsläufig einstellt.

Es wird auch wieder investiert, in Aufstiegsanlagen genauso wie in Hotels. Und die Rechnung scheint aufzugehen. Seit den 1990er-Jahren, als außerhalb des Ortszentrums auch noch Hotelruinen herumstanden, ist die Zahl der Nächtigungen in Bad Gastein von 850.000 auf jetzt 1,2 Millionen gestiegen. Das gesamte Gastei- ner Tal inklusive Hof- und Dorfgastein kommt auf 2,5 Millionen Nächtigungen – bei 17.000 Gästebetten. "Wir glauben an Bad Gastein", sagt die Direktorin des Europäischen Hofs, Gabriele Obermair, bei einem Lokalaugenschein des Standard. "Sonst hätten wir nicht so viel Geld in die Renovierung des Hauses gesteckt".

"Wurden in Geiselhaft gehalten"

Erst im Herbst wurde das Viersternehotel für acht Wochen geschlossen. Alle 111 Zimmer wurden auf den neuesten Stand gebracht, der Wellnessbereich neu gestaltet. Ende Mai soll die größte Einzelinvestition in das Haus, das der Nürnberger Versicherung gehört, endgültig abgeschlossen sein.

"Eine Schande ist das", alteriert sich derweil eine Dame im Souvenirladen nahe dem Kongresshaus. Ein Pärchen aus Deutschland hat sich für eine Schneekugel entschieden, legt noch drei Ansichtskarten dazu und möchte zahlen. "Der eine oder andere Gast fragt schon noch, was das soll", deutet die Inhaberin des Ladens in Richtung der eingerüsteten Häuser. Seit die Gemeinde vor zwei Jahren eine Tafel aufgestellt hat, um über die Umstände zu informieren, sei es besser geworden.

Das Kongresshaus, ein hässlicher, weithin sichtbarer Betonklotz, gehört ebenfalls dem Wiener Investor, auf den in Bad Gastein niemand gut zu sprechen ist. "Wir wurden in Geiselhaft gehalten von Herrn Duval. Wir hoffen, dass das bald ein Ende hat", sagt der Bürgermeister.

Und die Direktorin des Europäischen Hofs ist sich sicher: "Bad Gastein wird abheben, wenn der Schandfleck erst einmal weg ist." (Günther Strobl, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 5./6.2.2011)