Der ägyptische Oppositionelle Mohamed ElBaradei hat vor der Bildung einer Übergangsregierung unter der Führung von Präsident Husni Mubarak oder Vize-Präsident Omar Suleiman gewarnt. Er befürchte, dass friedliche Proteste dann in Gewalt umschlagen könnten, sagte der Friedensnobelpreisträger am Samstag der Nachrichtenagentur Reuters per Telefon aus Kairo. Zu Berichten, die USA könnten eine solche Übergangsregierung unterstützen, sagte ElBaradei: "Wenn das wahr ist, dann wäre das ein großer Rückschlag, das kann ich ihnen sagen." Der ehemalige Chef der UN-Atombehörde IAEA ist einer der Wortführer der Opposition.

"Zu hören, dass Mubarak bleiben und dass der Prozess des Wandels im Wesentlichen von seinem engsten militärischen Berater (Suleiman) angeführt werden soll, ohne dass die Zivilisten an der Macht beteiligt werden, ist sehr, sehr enttäuschend", ergänzte ElBaradei. Er gehe nicht davon aus, dass die seit beinahe zwei Wochen anhaltenden Proteste abflauen würden. Allerdings sei zu befürchten, dass es zu weiteren Gewalteskalationen kommen könnte. Es gebe Demonstranten, die seien fest entschlossen, ihre Proteste fortzusetzen, bis Mubarak aus dem Amt gejagt sei. Vermutlich werde es künftig nicht mehr täglich zu Demonstrationen kommen, aber möglicherweise jeden zweiten Tag. "Der Unterschied ist, dass die Proteste dann wütender und bösartiger werden", sagte ElBaradei. "Und ich möchte nicht, dass eine schöne, friedliche Revolution in eine blutige Revolution umschlägt."

Den USA warf ElBaradei vor, angesichts der Entwicklungen in Ägypten keine klare Linie zu verfolgen. Dies sei für die nach Freiheit strebenden Ägypter und für ihn persönlich sehr enttäuschend.

Führung der NDP trat zurück

Während Mubarak sich am Samstag staatsmännisch im staatlichen Fernsehen mit seinen Ministern zeigte, trat die Führung seiner NDP zurück, darunter auch sein Sohn Gamal und Generalsekretär Safwat Al-Sherif. Die Partei präsentierte sofort eine neue Riege von Führungspersönlichkeiten, die größtenteils dem Reformflügel angehören. Dies deutete darauf hin, dass die alte Garde nicht freiwillig das Handtuch warf.

Die US-Regierung ging unterdessen auf Distanz zum Ägypten-Sondergesandten von Präsident Barack Obama, Frank Wisner. Der hatte auf der Sicherheitskonferenz in München betont, dass Mubarak auch weiter eine zentrale und entscheidende Rolle spielen müsse. Wisner habe nur seine persönlichen Ansichten geäußert, sagte Außenamtssprecher Philip Crowley in Washington laut CNN. "Er hat seine Bemerkungen nicht mit der US-Regierung abgestimmt."

Auf der Münchner Sicherheitskonferenz hatten auch die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel und US-Außenministerin Hillary Clinton ihre Hoffnung auf einen geordneten und beispielgebenden Machtwechsel in Ägypten betont. Rasche Wahlen seien nicht alles. Merkel unterstrich ebenso wie der britische Premier David Cameron, dass allein das ägyptische Volk über seine politische Zukunft entscheiden müsse. (red/APA/AFP/dpa/Reuters)