Seoul/Panmunjom - Mehr als zwei Monate nach dem Beschuss einer südkoreanischen Insel durch das nordkoreanische Militär entspannen sich die Beziehungen wieder. Erstmals seit mehr als einem Vierteljahr trafen am Dienstag Vertreter beider Streitkräfte wieder zu Gesprächen zusammen. In der entmilitarisierten Zone entlang der Waffenstillstandslinie kamen der nordkoreanische Oberst Ri Son-kwon und der südkoreanische Oberst Moon Sang-gyun zu einer über achtstündigen Unterredung zusammen. Dabei sollte es auch um den Angriff auf die südkoreanische Insel gehen. Die beiden Offiziere sollten zudem Gespräche auf höherer Ebene vorbereiten. Nordkorea hat neue Verhandlungen über sein Atomprogramm in Aussicht gestellt.

Das Verhältnis zwischen Seoul und Pjöngjang ist seit dem Untergang des südkoreanischen Kriegsschiffs "Cheonan" besonders angespannt. Südkorea wirft dem Norden vor, das Schiff versenkt zu haben. Nordkorea bestreitet das. Im UNO-Sicherheitsrat hatte die Vetomacht China jede Schuldzuweisung an Nordkorea verhindert. Dafür hatte Pjöngjang umgehend seine grundsätzliche Bereitschaft zu neuen Sechsergesprächen über sein Atomprogramm erklären müssen. Pekings Diplomatie hofft, die Krise durch Wiederaufnahme der blockierten sechsseitigen Gespräche (Nord- und Südkorea, USA, China, Japan, Russland) entschärfen zu können. Südkorea und die USA erklärten jedoch, zuvor müsse Nordkorea die Verantwortung für die "Cheonan"-Versenkung übernehmen. Der chinesischen Regierung missfiel, dass Südkorea und die USA versucht haben, gegen den Widerstand Chinas den Druck auf Pjöngjang zu erhöhen.

Beschuss im November

Nach dem Beschuss der Insel Yeonpyeong durch nordkoreanische Artillerie im November drohte Südkorea mit Vergeltungsaktionen und veranstaltete Militärmanöver einschließlich eines Übungsschießens mit scharfer Munition in Grenznähe. Dass Pjöngjang nun den neuen Militärgesprächen zustimmte, wird von politischen Beobachtern auf chinesischen Druck zurückgeführt. Seoul profitiert von den Gesprächen allein schon dadurch, dass sich das Verhältnis entspannt. Mehr als alles andere will das wohlhabende Südkorea Ruhe und Stabilität auf der geteilten Halbinsel. So sichert es sich den Ruf eines attraktiven Geschäfts- und Investitionsstandorts.

Die Führung in Pjöngjang will die Aufhebung von Handelsschranken auf die Tagesordnung setzen, die Südkorea nach der Versenkung des Kriegsschiffs eingeführt hatte. Thema soll auch ein umstrittenes Seegebiet vor der Westküste sein, das wiederholt Schauplatz von Zusammenstößen war. Dem Norden zufolge erfolgte die Grenzsetzung ohne seine Zustimmung. Der innerkoreanische Dialog ist eine Vorbedingung Südkoreas, Japans und der USA für eine Wiederaufnahme der Sechser-Gespräche, die Nordkorea 2009 platzen ließ. Von Nordkorea wird ein Stopp des Atomwaffenprogramms gefordert. Für den Fall, dass Pjöngjang dies akzeptiert, wurden Nordkorea umfangreiche Hilfen und ein Ende der diplomatischen Isolation in Aussicht gestellt. (APA)