Wien - Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) hat genug vom Hickhack der beiden Regierungsparteien SPÖ und ÖVP in Sachen Wehrpflicht. Aus diesem Grund appellierte er an Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) und Vizekanzler Josef Pröll (ÖVP), die Causa zur Chefsache zu machen: "Viele andere Möglichkeiten sehe ich nicht", betonte der Bürgermeister am Dienstag vor Journalisten. Überdies solle "eine emotionelle Abrüstung in der Diskussion" erfolgen und zu Sachfragen zurückgekehrt, der Dialog mit Fachleuten geführt und nach Lösungen gesucht werden, so seine Aufforderung.

Häupl ist mit dem derzeitigen Klima in der rot-schwarzen Koalition nicht zufrieden: "Es wäre mir sehr viel lieber, wenn man weniger darüber nachdenken würde, wie man sich wechselseitig wehtun kann und mehr darüber nachdenken würde, wie man sich wechselseitig Gutes tun kann."

Gegen Verkürzung der Wehrpflicht

Der Bürgermeister wiederholte, dass er mit dem Ergebnis des Gespräch zwischen ÖVP und SPÖ vergangene Woche - nämlich zuerst über die Sicherheitsdoktrin und danach über die Wehrpflicht zu diskutieren - zufrieden sei: "Wenn das die Reihenfolge ist, mit dem man einen 'way out' aus der derzeitigen Blockadediskussion findet, dann sollte man das tun." In dem Gespräch sei "ein vernünftiger Ansatz" entwickelt worden. Wenig hält er allerdings vom Vorschlag der Volkspartei, die Wehrpflicht auf fünf Monate zu verkürzen: "Das ist jedenfalls kein Beitrag zur Frage 'Wehrpflicht ja oder nein'."

Kein "Darabos-Bashing"

Rückendeckung gab er Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ): "Ich stehe nicht für ein Darabos-Bashing zur Verfügung." Manche Dinge hätte man anders machen können, aber er, Häupl, werde dazu nichts sagen und keine Steine werfen. Häupl steht nach wie vor zu seiner Forderung zur Abschaffung der Wehrpflicht: "Was in ganz Europa gemacht wird, kann für Österreich nicht völlig verblödet sein."

Häupl für Volksbefragung

Er plädierte "bei einer so weitgehenden Frage" wie Abschaffung der Wehrpflicht und Einführung eines Freiwilligen-Jahres - sei es bei Militär oder im Sozialbereich - für eine Volksbefragung. Zudem wünsche er sich mehr Ruhe in der Diskussion: "Dafür muss man sich Zeit nehmen und mit der Bevölkerung diskutieren. Ich verstehe diese unselige Hektik überhaupt nicht." Was er nicht wolle sei, "dass sich dann ewig das Gerücht hält, dass es im Volk eigentlich eine Mehrheit für die Beibehaltung Wehrpflicht gibt".

Kooperationen mit Nachbarländern

Zudem will Häupl, dass die Diskussion nicht bei der Bundesheer-Reform ende. Vielmehr müsse man darüber nachdenken, mit Nachbarländern Kooperationen in Sachen Verteidigung einzugehen. Er könne sich etwa eine Zusammenarbeit in Form von Aufgabenteilung in den verschiedenen militärischen Bereichen oder eine gemeinsame Luftraumverteidigung vorstellen. (APA)