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Hörner + Hörner = Reibereien?

Foto: APA/dpa/Karmann

"Wenn beide gehörnt sind, kann es zu Reibereien kommen", sagte die Personalchefin beim Bewerbungsgespräch und meinte damit das gleiche Sternzeichen, nämlich Steinbock. Was wie ein schlechter Scherz aus den unendlichen Weiten der Astrologie klingt, wurde einer jungen Dame bei der Jobsuche in Österreich zum Verhängnis: Diskriminierung aufgrund des Sternzeichens. Nicht im Team von Gerda Rogers, sondern bei einem international agierenden Softwareunternehmen mit tausenden Mitarbeitern (Name der Redaktion bekannt). Die offizielle Begründung für die Absage lautete "überqualifiziert", die inoffizielle wohl astrologische "Inkompatibilität".

"Wenn schon jemand im Gespräch danach fragt, dann wird das sicher bei der Beurteilung ins Gewicht fallen", ist die Betroffene, Heidi J., überzeugt. Sie fühlt sich benachteiligt, "sein Geburtsdatum kann man sich schließlich nicht aussuchen", und würde gerne gerichtlich dagegen vorgehen, erzählt sie im Gespräch mit derStandard.at. Ein juristisches Nachspiel, das wohl kaum Aussicht auf Erfolg hat. Gegen diese Form der Diskriminierung gibt es keine gesetzliche Handhabe.

"Welches Sternzeichen sind Sie?"

Heidi J. schildert den Fall folgendermaßen. Über eine Personalagentur wurde sie zu dem Bewerbungsgespräch eingeladen. Die Position: Assistentin im Sales-Bereich. Die 25-Jährige verfügt über ein abgeschlossenes Studium und Qualifikationen, die sie für den Job prädestinierten, glaubt sie. Am Ende des rund einstündigen, gut verlaufenden Interviews wurde ihr noch "eine letzte Frage" gestellt. Die nach dem Sternzeichen, so die Jobaspirantin: "Ich sagte daraufhin, 'Ernsthaft, jetzt?!' und bevor ich die Antwort verweigern konnte, lehnte sich die Dame über meinen Lebenslauf, sah mein Geburtsdatum und stellte selbst fest, dass ich Steinbock war." Die Reaktion: "Eigentlich ist das nicht gut, wenn man das gleiche ist."

Zwanzig Minuten nach dem Termin wurde sie informiert: "Überqualifiziert und zu akademisch", so das Urteil. "Das hätte man schon anhand meines Lebenslaufs sehen können", sagt sie und vermutet einen ganz anderen Grund hinter der Absage: den Steinbock.

Anonyme Bewerbungen gegen Humbug

"Ich finde das absolut diskriminierend und Humbug", echauffiert sich Heidi J. Sie ist überzeugt, dass solche Selektionsmechanismen häufiger vorkommen. Schließlich gebe es nicht wenige, die ihr ganzes Leben an Horoskopen und Aszendenten orientieren. Der Glaube mache auch nicht vor den Türen der Personalchefs Halt. Abhilfe schaffen könnten anonymisierte Bewerbungsverfahren. Kein Foto, keine Alters- und Geschlechtsangabe bieten keinen Raum für Diskriminierung, so die Intention dahinter. Ein Trend, der in einigen Ländern wie etwa Deutschland im Kommen - und in solchen wie den USA schon längst Usus ist. "Bei uns muss das Geburtsdatum im Lebenslauf stehen."

Religion oder Weltanschauung

"Ein Arbeitgeber kann theoretisch auch sagen, dass er keine Vegetarier oder Antialkoholiker will", bestätigt Arbeitsrechtsexpertin Andrea Klausner von der Arbeiterkammer Wien, dass es sich bei der Jobvergabe nach Sternzeichen zwar um eine Einschränkung, aber keine Diskriminierung handelt. Zumindest keine, die dem Gesetz zuwiderläuft. Laut dem österreichischen Gleichbehandlungsgesetz darf in der Arbeitswelt niemand aufgrund seiner Religion oder seiner Weltanschauung benachteiligt werden. Ein Passus, der jede Menge Interpretationsspielraum zulässt. Eine genaue Definition, was darunter zu verstehen ist, fehlt.

Vertragsfreiheit

Sternzeichen haben nicht unbedingt etwas mit Weltanschauung zu tun, meint Klausner und verweist auf die Vertragsfreiheit des Arbeitgebers, die ansonsten massiv eingeschränkt wäre: "Hier handelt es sich eher um einen Fall von Sympathie bzw. Antipathie." Und die, so Klausner gegenüber derStandard.at, könne man nicht einfach jemandem aufoktroyieren. Schon gar nicht per Gesetz.

"So lange das Geburtsdatum nicht für eine Altersdiskriminierung herangezogen wird, darf es als Kriterium dienen", resümiert Klausner, der bis jetzt allerdings kein Gerichtsurteil in so einer Causa bekannt ist: "Das wurde noch nicht ausjudiziert."

Nur Steinbock, Stier, Wassermann, Widder oder Löwe

Sehr wohl bekannt ist, dass sogar in Stellenausschreibungen nach solchen Kriterien selektiert wird. "Wir suchen Personen ab 20 Jahren für nebenberufliche Tätigkeit im Verkauf/Management mit folgenden Sternzeichen: Steinbock, Stier, Wassermann, Widder oder Löwe", war vor zwei Jahren in einem Inserat eines Salzburger Finanzdienstleisters zu lesen. Die Begründung: eine interne Mitarbeiteranalyse habe ergeben, dass Vertreter mit diesen fünf Sternzeichen beruflich am erfolgreichsten seien. Moralisch verwerflich, aber rechtlich in Ordnung, heißt es in einer Expertise der Arbeiterkammer zu diesem Fall.

Heidi J. will weiter kämpfen. Gegen Chefs, die extra Astrologen engagieren oder sich gar als solche gerieren. Nur ohne gesetzliche Regelung im Hintergrund ein wohl aussichtsloses Unterfangen. "Man bereitet sich schließlich auf Bewerbungsgespräche vor", sagt sie, "und dann geben subjektive Faktoren, die nicht beeinflussbar sind, den Ausschlag? Da fühlt man sich einfach nur verarscht".

Keine Gesetzesänderung geplant

Die "Verarsche" wird sich voraussichtlich nicht so schnell ändern. Laut Auskunft aus dem Frauenministerium, wo die Gleichbehandlungskommission angesiedelt ist, wird es in nächster Zeit keine Novelle des Gleichbehandlungsgesetzes geben. Es könne nicht jeder Einzelfall, so bedauerlich er auch sein mag, in Paragrafen gegossen werden, so die Reaktion gegenüber derStandard.at, und: "Die Vorgehensweise von Firmen Mitarbeiter nach dem Sternzeichen zu fragen, widerspricht nicht dem Gleichbehandlungsgesetz." Der Kreis an potenziellen Bewerbern werde zwar eingeschränkt, stelle jedoch keine Diskriminierung im Sinne des Gesetzes dar.

Mit der Begründung: "Sucht beispielsweise eine Firma für den Posten der Abteilungsleitung das Sternzeichen 'Wassermann', so umfasst diese Gruppe von Menschen, die im Sternzeichen des 'Wassermanns' geboren sind, Frauen und Männer, Ältere und Junge, Inländer/innen und Ausländer/innen." (Oliver Mark, derStandard.at, 14.2.2011)

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