Graz - Nein, er sei an dem Mord an einem Pensionisten in keiner Weise beteiligt gewesen, betonte der angeklagte Lehrer im Grazer Straflandesgericht auch am Mittwoch wieder.

Tatsächlich hatte es wegen dieser Bluttat schon einmal ein Urteil gegeben - ein anderer Mann hatte gestanden, im November 2003 einen Pensionisten mit mehreren Messerstichen getötet zu haben. Die Geschworenen hatten den damals Angeklagten im Jahr 2004 für schuldig befunden.

Doch dann kamen Zweifel an der alleinigen Schuld des Verurteilten auf: Der erste Angeklagte widerrief später Teile seines Geständnisses und erklärte: Ein Lehrer habe ihm sehr viel Geld dafür geboten, wenn er den Pensionisten umbringe.

Weitere Ermittlungen zeigten, dass der Mann tatsächlich 55.000 Euro von besagtem Lehrer erhalten hatte - die er großteils an seine Familie in der Türkei weitergeleitet hatte. Und: Der nun beschuldigte Lehrer hatte den ersten Angeklagten auch des öfteren im Gefängnis besucht.

"Religiöser Fanatiker"

Die Staatsanwältin geht davon aus, dass der Lehrer den jungen Mann zur Tat angestiftet habe: Der Pädagoge sei nämlich ein religiöser Fanatiker der Zeugen Jehovas - und das spätere Mordopfer habe seine Religion beleidigt.

Der mutmaßlich gedungene Mörder - oder auch der Lehrer - hatte dann den alten Mann mit mehreren Messern 80 Stiche zugefügt. Anschließend wurde der Leiche auch noch der Daumen abgetrennt und in den Mund gesteckt. Dass der Tote zuletzt mit einer Türschnalle geschändet wurde, sollte eine falsche Spur zu einer sexuell motivierten Tat legen, so die Staatsanwältin.

Der Lehrer wies bei allen bisherigen Befragungen jegliche Mitschuld von sich: Die Besuche im Gefängnis sowie die Geldüberweisungen an den späteren Täter seien nur aus "Mitleid" geschehen. In der mit Wasser und Öl verwüsteten Wohnung des Opfers fanden sich keinerlei DNA-Spuren des Pädagogen.

Der ursprünglich Verurteilte kann allerdings nicht mehr vor Gericht als Zeuge einvernommen werden - er hat sich inzwischen das Leben genommen. Also wurden Mittwochvormittag sämtliche Aussagen und Briefe des Mannes verlesen. Hatte der junge Mann in seinen Briefen von 2003 und 2004 noch davon geschrieben, dass er den Pensionisten getötet habe, so änderte er später seine Angaben. Dann schilderte er genau, dass er das Opfer mit einem Messer nur an der Hüfte verletzt habe. Anschließend soll nach seinen Schilderungen der Lehrer immer wieder auf den älteren Mann eingestochen haben.

Nach der Mittagspause war eine ergänzende Einvernahme des Angeklagten angesetzt. Der Verteidiger hat bereits angekündigt, anschließend mehrere neue Anträge stellen zu wollen. Das Urteil stand bei Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch aus. (APA, frei, DER STANDARD Printausgabe, 10.2.2011)