Wien - Ganz ähnlich wie bei manchen akuten Virusinfektionen, zum Beispiel durch Sars-Erreger oder "Vogelgrippe" A(H5N1): Hefepilze der Gattung Candida können beim Menschen lebensgefährliche Infektionen auslösen, wenn sie das Immunsystem zu einer überbordenden Entzündungsreaktion veranlassen. Wissenschafter der MedUni Wien haben dazu jetzt einen wichtigen Signalmechanismus aufgeklärt.

Geschwächte Immunabwehr problematisch

Candida-Hefepilze sind Teil der normalen mikrobiellen Flora im Darm und befinden sich auf Schleimhäuten. Manchmal führen diese Pilze bei gesunden Personen zu oberflächlichen und ungefährlichen Infektionen. Ein Beispiel dafür ist der Soor von Kindern. Bei schwerwiegender Schwächung der Immunabwehr, wie etwa bei Kranken auf Intensivstationen oder bei Transplantationspatienten verursachen Candida-Pilze aber auch invasive Infektionen mit einer Mortalität von bis zu mehr als 40 Prozent.

Vergangenes Jahr publizierte eine Wissenschaftergruppe um Karl Kuchler (Christian Doppler Labor für Infektionsbiologie/Abteilung für Molekulare Genetik der MedUni Wien) Forschungsergebnisse, wonach eine Veränderung von Candida albicans - das Protein Set3 - die Hefepilze aggressiver machen kann. Diese Histondeacetylase, ein Enzym, reagiert auf bestimmte Signale des Wirtes wie etwa Körpertemperatur, Blutzusammensetzung oder Stoffwechselprodukte, erkennt den optimalen Zeitpunkt für die Ausbreitung und steuert die Verwandlung des Pilzes in eine gefährliche Form.

Signalübertragungsweg entdeckt

Jetzt sind Kuchler und seine Forschungsgruppe zusätzlich einem bisher unbekannten Signalübertragungsweg in bestimmten Immunzellen, den Dendritischen Zellen, auf die Spur gekommen, der durch die Erkennung von Candida-Pilzen aktiviert wird. Dendritische Zellen patrouillieren durch den Körper, nehmen eingedrungene Antigene auf und präsentieren sie dem Immunsystem für eine allfällige Abwehrreaktion.

Dieser Signalweg - so die MedUni Wien in einer Aussendung - löst die Ausschüttung von Zytokinen und Botenstoffen aus (sogenannte Typ I Interferone), die andernfalls vor allem bei viralen Infektionen eine schützende Immunabwehr bewirken. Im Fall von Candida-Infektionen schädigt die Aktivierung dieses Signalwegs allerdings den Wirt, da diese hochaktiven Botenstoffe auch gesundes Gewebe angreifen und so zu entzündlichen Organschäden führen können. Es sind weniger die Hefepilze selbst als eine überschießende Immunreaktion, welche zu den Problemen führt. Weiters kann es unter anderem zu einem länger anhaltenden Verbleib des Pilzpathogens in befallenen Organen kommen.

Neue Therapieansätze

Diese Entdeckung und Entschlüsselung der Bedeutung dieses Signalweges für die Progression invasiver Pilzerkrankungen beim Menschen könnte daher die Entwicklung neuer therapeutischer Ansätze ermöglichen, damit in Zukunft fatale Pilzinfektionen früher erkannt und somit besser behandelt werden können. Die Arbeit wurde in der aktuellen Ausgabe des renommierten "Journal of Immunology" veröffentlicht. Durchgeführt wurde sie im Christian Doppler Labor für Infektionsbiologie in den Max F. Perutz Laboratories (MFPL) der MedUni Wien und entstand in Zusammenarbeit mit den Arbeitsgruppen von Thomas Decker von der Universität Wien sowie Mathias Müller von Biomodels Austria vom Universitäres Zentrum für Biomodelle der VetMedUni Wien. (APA)