Österreichs Teamkapitän Armin Stremitzer jubelt über WM-Bronze

Foto: ÖHV

Im Hallenhockey ist Österreich mittlerweile eine ganz große Nummer. Nach dem Europameistertitel im vergangen Jahr, holten die österreichischen Hockey-Herren nun Bronze bei der Hallen-WM in Polen. Nun will das Team auch im Feldhockey nachlegen - das große Ziel bleibt die Qualifikation für die olympischen Spiele 2012 in London. Kapitän Armin Stremitzer im Gespräch mit Matthias Köb über finanzielle Unterschiede zu Deutschland, die Entwicklung im österreichischen Hockey und warum man in der polnischen Halle nicht mehr verbal kommunizieren konnte.

derStandard.at: Österreich hat sich 2007 erstmals für eine A-Europameisterschaft qualifiziert. Nur drei Jahre später wurde das Team Hallen-Europameister. Vor wenigen Tagen folgte mit Platz drei in Polen die Bronze-Medaille bei der Hallen-WM. Woher kommt dieser steile Aufstieg?
Armin Stremitzer: Es gibt mehrere Gründe. Zum Einen wurde das Umfeld stark verbessert. Es ist jetzt alles schon sehr professionell im Bezug auf den Trainerstab, etc. Auch finanziell haben wir inzwischen mehr Möglichkeiten, da von offizieller Seite mehr Unterstützung kommt. Der wichtigste Punkt aber sind natürlich die Spieler, die einfach Gas geben. Ich würde sagen diese drei Faktoren sind entscheidend für den Erfolg.

derStandard.at: Wird Hockey seit dem EM-Titel in Österreich auch stärker wahrgenommen?
Armin Stremitzer: Absolut. Man sieht schon an der Zahl der Journalisten bei den Pressekonferenzen, wie die mediale Resonanz gestiegen ist. TW1 überträgt unsere Spiele, gestern ist im ORF ein Zwölf-Minuten-Beitrag gelaufen - die Medien kennen uns inzwischen. Wir sind sehr positiv überrascht, was in den letzten 13 Monaten seit dem EM-Titel medial passiert ist.

derStandard.at: Beim Halbfinale gegen Gastgeber Polen wurde von einem Hexenkessel gesprochen. Wie kann man sich so einen Hexenkessel bei einer Hallenhockey-WM vorstellen?
Armin Stremitzer: Es war für uns richtig schwierig auf dem Spielfeld zu kommunizieren. Ich schätze dass so ca. 6000 Leute in der Halle waren. Und die haben richtig Gas gegeben, gerade die polnischen Fans sitzen keine einzige Sekunde während des gesamten Spiels. Die pfeifen, singen, schreien, etc. - wie man es sich von echten Fans erwartet. Wir haben immer versucht Augenkontakt zu halten, weil miteinander sprechen konnten wir nicht mehr.

derStandard.at: Polen war lange Zeit die Nummer zwei im Hallenhockey in Europa. 2008 sind sie in die B-Division abgestiegen und haben auch den Wiederaufstieg nicht geschafft. Für die WM waren sie nur aufgrund der Gastgeber-Rolle qualifiziert, dennoch sind sie Vize-Weltmeister geworden. Wie ist so ein rasantes Auf und Ab zu erklären?
Armin Stremitzer: Die Polen haben 2008 ein unglückliches Turnier gespielt. Wie man auch beim Eishockey sieht, ist es immer sehr schwer den Wiederaufstieg zu schaffen, wenn man einmal abgestiegen ist. Generell zählen die Polen sicher zu den besten Hallen-Mannschaften der Welt, das haben sie auch jetzt wieder bewiesen. Trotzdem war es im Halbfinale sehr knapp und von den Chancen her hätten wir das Spiel eigentlich gewinnen müssen. Aber wenn man nur ein Tor schießt, ist das einfach zu wenig.

derStandard.at: Es ist also zu erwarten, dass Österreich auch in Zukunft erfreuliche Ergebnisse erzielen kann?
Armin Stremitzer: Auf jeden Fall. Angefangen hat es bei uns ja eigentlich 2008, als wir die Qualifikation für die Olympischen Spiele in Peking (Feldhockey) nicht geschafft haben. Dort haben uns zur Qualifikation 35 Minuten gefehlt. Danach haben wir uns London 2012 als nächstes Ziel gesetzt und gesagt, alles was bis dorthin passiert, nehmen wir einfach Vollgas mit - das ist uns bei der Hallen-WM und EM gelungen. Bei der kommenden Feldhockey-EM entscheidet sich, zu welchem Qualifikationsturnier wir kommen. Aller Voraussicht nach wird es das Turnier im April 2012 in Japan, dort wird sich zeigen, ob wir uns qualifizieren oder nicht. Der Hallen-EM-Titel und jetzt Bronze bei der Hallen-WM waren tolle Erfolge, das große Ziel bleibt dennoch London 2012 und das ist über alles zu stellen.

derStandard.at: Hat Feldhockey einen höheren Stellenwert als Hallenhockey, gerade in Hockey-Nationen wie Deutschland?
Armin Stremitzer: Nein. Auch die Deutschen haben bei diesem Turnier mit der besten Mannschaft gespielt. Für die ist die Halle genauso wichtig wie für uns. Hallenhockey hat auch dort den gleichen Stellenwert wie Feldhockey.

derStandard.at: Gibt es bei den Top-Nationen hauptberufliche Hockey-Spieler?
Armin Stremitzer: Hauptberuflich ist immer so eine Geschichte. Viele Spieler sind Studenten, aber die lassen sich schon gut bezahlen. Ein deutscher Teamspieler verdient ab 40.000€ im Jahr, mit einer weitläufigen Grenze nach oben. Der beste Spieler der Welt kassiert bis zu 150.000€ jährlich.

derStandard.at: Ist Hockey auch in Österreich finanziell rentabel geworden?
Armin Stremitzer: Wir verdienen nichts. Wir zahlen sogar noch immer etwas ein, bezeichnen das aber nicht mehr als Selbstbehalt, sondern als Solidaritätsbeitrag. Das ist im Prinzip eine freiwillige Spende der Spieler. Das Geld geht zum Beispiel an Jugendmannschaften wie die U16- oder U18-Auswahlmannschaft, um ihnen die Teilnahme an Turnieren zu ermöglichen, da diese kaum finanzielle Mittel haben. Für die WM hat jeder von uns 150€ eingezahlt.

derStandard.at: Wie habt ihr euch auf die WM vorbereitet?
Armin Stremitzer: Wir haben drei große Turniere in Stuttgart, Moskau und Wien gespielt und kurz vor der WM noch zwei Freundschaftsspiele gegen die USA und Kanada. Dazu kommen natürlich die Spiele in der österreichischen Meisterschaft bzw. für unsere deutschen Legionäre die Meisterschaft in Deutschland. Die Vorbereitungsturniere der Nationalmannschaft haben aber selbstverständlich Vorrang. Das haben auch unsere Legionäre in Deutschland gesagt. Bei Überschneidungen mit der Meisterschaft war klar, dass sich jeder Spieler die Zeit nimmt für die WM-Vorbereitung.

derStandard.at: Apropos Legionäre, Sie hatten 2007 ein kurzes Gastspiel in Frankreich bei Paris St. Germain, wie ist es dazu gekommen?
Armin Stremitzer: Ich habe Wirtschaft und Recht auf der WU studiert und Politik an der Uni Wien. Im Rahmen eines Auslandssemester bin ich nach Paris gegangen. Das habe ich dann verbunden mit einem Engagement bei Pairs St. Germain. Ich bin dort französischer Meister, französischer Cup-Sieger und fünfter in der Hockey-Champions League geworden. Es war eine super Mannschaft und ich hatte eine tolle Zeit dort, aber es war von Anfang an klar, dass ich danach wieder nach Wien zurückkehre.

derStandard.at: Wie hoch ist der Zeitaufwand für einen Hockey-Nationalspieler?
Armin Stremitzer: Wir trainieren täglich. Einige junge Spieler besuchen ein Sportgymnasium, die trainieren zwei Mal pro Woche am Vormittag und jeden Tag am Abend. Die Spieler, die studieren oder arbeiten, trainieren täglich am Abend. Mit den Spielen am Wochenende kann man sagen, jeder von uns schwitzt mindestens einmal pro Tag. Gerade als Berufstätiger braucht man schon ein gutes Zeitmanagement. Wir kommen nicht selten erst um 23:15 Uhr aus der Halle raus.

derStandard.at: Was macht für Sie den Reiz von Hockey und insbesondere Hallenhockey aus?
Armin Stremitzer: Das besondere am Hallenhockey ist ganz klar, dass es eine Sportart für Techniker ist, ähnlich wie beim Hallenfußball. Grundsätzlich ist einfach das familiäre Umfeld beim Hockey einzigartig. Du kannst als Kind eintreten und findest immer einen Platz im Verein. Egal ob du einmal professionell spielen willst oder nur zweite oder dritte Herrenmannschaft. Es gibt sogar eine Elternmannschaft. Man kann auch bis ins hohe Alter spielen. Wir haben Spieler, die sind schon über 50. Bei uns gibt es für jeden Platz, egal wie alt und wie gut er ist. Ich glaube das gibt es bei keiner anderen Sportart.

derStandard.at: Vielen Dank für das Gespräch. (Matthias Köb, derStandard.at, 14. Februar 2011)