Bild nicht mehr verfügbar.

Petra Velten macht sich anlässlich des Tierschützerprozesses in Wiener Neustadt Sorgen um den modernen Rechtsstaat.

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Linz - Petra Velten schreitet zur Gegenwehr. Sollte es nach ihrer Kritik an der Verhandlungsführung im Tierschützerprozess gegen sie zu einem Verfahren wegen "verbotener Einflussnahme" laut Paragraf 23 Mediengesetz kommen, "dann wird man um eine Zeugenbefragung von Tierschützer-Richterin Sonja Arleth nicht herumkommen", kündigt die Strafrechtswissenschafterin im STANDARD-Gespräch an.

Velten hatte Arleth in einem Kleine Zeitung-Interview indirekt vorgeworfen, beim Prozess gegen 13 Tierschutzaktivisten in Wiener Neustadt bei Zeugenbefragungen das Fragerecht der Verteidigung zu beschneiden. Eine weit tiefgehendere Kritik hatte sie im Dezember 2010 im Journal für Strafrecht veröffentlicht.

Vizepräsident der Richtervereinigung "regte an"

Nun prüft die zuständige Staatsanwaltschaft Klagenfurt, ob wegen des Interviews medienrechtlicher Handlungsbedarf besteht. Die diesbezügliche "Anregung" sei am 8. Februar in Form einer E-Mail vom Vizepräsidenten der österreichischen Richtervereinigung, Manfred Herrnhofer, gekommen, teilte die dortige Pressesprecherin am Montag mit. Die Klageankündigung gegen die Linzer Rechtsexpertin wird von Kritikern als Eingriff in das Recht auf freie wissenschaftliche Meinungsäußerung abgelehnt.

Velten selbst hatte nach ihren Einwänden im Tierschützerverfahren "durchaus mit einer scharfen Reaktion gerechnet". Doch sie hatte gleichzeitig "auf sachliche Erwägung meiner Argumente gehofft". Mit Kritik am Verhalten von Richtern und Staatsanwälten vor Gericht tue man sich in Österreich schwer, meint die ehemalige deutsche Strafverteidigerin, die seit 2005 an der Uni Linz forscht und lehrt. "Die Justiz sieht sich immer noch als sakrosankt an."

Das in Österreich vielgepriesene Prinzip der richterlichen Unabhängigkeit sei wichtig, habe aber eine andere Bedeutung als in der Zeit Maria Theresias, die als Kaiserin in Verfahren direkt intervenieren konnte. Die Kehrseite der Unabhängigkeit sei die "Freiheit zur Willkür". Und, so Velten: "Unabhängigkeit darf nicht zur Immunisierung vor öffentlicher Kritik führen."

Kein Fritz-Teufel-Effekt

Hier unterscheide sich Österreich etwa von Deutschland, wo es unter dem Einfluss der 1968er-Bewegung zu einer Demokratisierung der Regeln vor Gericht gekommen sei. Und zwar im Sinne des Aktivisten Fritz Teufel, der 1967 als Angeklagter wegen eines Steinwurfs bei einer Anti-Schah-Demo vom Richter aufgefordert wurde, sich zu erheben.

Mit der Bemerkung: "Wenn es der Wahrheitsfindung dient", habe Teufel der Aufforderung Folge geleistet: Laut Velten keine Despektierlichkeit, sondern ein Hinweis auf eine "zeitgemäße Gerichtsbarkeit, mit Angeklagten als Subjekten statt, wie derzeit, Objekten". (Irene Brickner, DER STANDARD-Printausgabe, 15.2.2011)