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Jean-Pierre Roy im Rennanzug des haitianischen Skiverbands.

Foto: EPA/Bott

Garmisch-Partenkirchen - 1988 ging es bekanntlich über unsere Vorstellungskraft: Jamaika hat 'ne Bobmannschaft! Die Geschichte die Disney mit "Cool Runnings" erzählte, wich allerdings doch relativ stark vom tatsächlichen Geschehen ab. Dass aber insbesondere bei Ski-Weltmeisterschaften immer wieder zahlreiche Exoten gesichtet werden, ist Realität. Hubertus von Hohenlohe hat im Skizirkus schon einen durchaus beachtlichen Bekanntheitsgrad und Kevin Esteve Rigail aus Andorra distanzierte im Abfahrtslauf der Super-Kombi immerhin die ÖSV-Athleten.

Ein ganz besonderer Mann geht nun im Riesentorlauf und Slalom an den Start: Jean-Pierre Roy, ein 47-jähriger Großvater aus Haiti. Vorzuweisen hat er ein nicht gerade von Topform zeugendes Bäuchlein und fünf letzte Plätze sowie eine Disqualifikation im Rahmen von diversen FIS-Rennen. Dennoch ist seine Mission so sympathisch wie engagiert. 

Erschüttert von Besuch in Haiti

Im Oktober 2010 besuchte Roy zum letzten Mal sein Heimatland Haiti. Was er dort von dem Karibik-Staat sah, erschütterte ihn. Er fasste die Idee seinem Land auf ganz spezielle Weise zu helfen und gründete den haitianischen Skiverband. Dieser wurde am 6. November 2010 offiziell vom Weltverband (FIS) anerkannt.

Dass er zu diesem Zeitpunkt noch etwas Trainingsrückstand auf die Weltspitze hatte, war dem Computer-Fachmann natürlich bewusst, stand er doch erst mit 41 Jahren zum ersten Mal auf den "Brettern". Seit dem fährt er jährlich eine Woche Ski. Mit Laufen, Radfahren, 20 Tagen Schneetraining und dem Einstellen des Bierkonsums bereitete er sich auf seinen großen Auftritt in Garmisch-Partenkirchen vor. 

Das sollte reichen, denn die sportliche Performance spielt für Roy nur eine Nebenrolle: "Ich bin unglaublich stolz, für Haiti bei der WM zu starten. Ich möchte mithelfen, dass wieder positiv über Haiti gesprochen wird", ist sein primäres Ziel. Thiery Montillet - als Trainer, Manager und Servicemann in Personalunion fast der Felix Magath des Skisports - sieht das ähnlich: "Wir wollen Haiti Hoffnung geben."

Aufmerksamkeit für die positiven Seiten von Haiti

Die Idee dahinter ist es, eine Bühne zu bekommen um zu zeigen, dass Haiti mehr zu bieten hat als Schreckensmeldungen über Katastrophen, Korruption und Elend. Die Beiden nutzen jede Gelegenheit, um bereitwillig über ihr Heimatland zu erzählen. 15.000 Euro haben Roy und Montillet in das Projekt investiert. Offenbar mit Erfolg. "L'Or Blanc pour Haiti" ("Weißes Gold für Haiti") erhält bereits im Vorfeld der WM-Starts viel Zuspruch.

Auf der Homepage finden sich schon jetzt über 60 Links zu verschiedensten Medienberichten über den engagierten Ski-Opa. Im Studio von Eurosport-France hatte er schon seinen ersten Live-Auftritt. Unterstützt wird das jüngste und kleinste Ski-Team der WM unter anderem auch von Rossignol. Ski, Schuhe und Stöcke werden zur Verfügung gestellt. Haiti scheint vorbereitet zu sein für den Einsatz bei der Ski-WM, einzig die Fahne für die Eröffnungszeremonie wurde vergessen. 

Weltmeister der Herzen?

Kleine sportliche Ziele hat Roy dann aber schon, zumindest die Qualifikation für die Hauptrennen im Riesentorlauf und Slalom soll gelingen. Und Montillet ist, in diesem Fall als Coach, durchaus zuversichtlich: "Gestern habe ich ihn zum ersten Mal richtig gut skifahren gesehen." Über Daumendrücker aus den verschiedensten Ländern darf sich der Präsident und einzige Aktive des haitianischen Skiverbands mit Sicherheit freuen, denn egal wie es sportlich ausgeht, für ihr Engagement ernten Roy und Montillet mit Sicherheit zahlreiche Sympathien und - vor allem - Aufmerksamkeit. (APA, red, derStandard.at, 15. Februar 2011)