Eine bekannte Marke, der direkte Kontakt zu den Endkunden und ein geringer Fixkostenanteil sind nach Ansicht von Experten derzeit die wichtigsten Voraussetzungen für das Überleben von Internet-Unternehmen. Zwar gehe es mit einigen Internet-Firmen seit ein paar Monaten wieder aufwärts, aber der Ausleseprozess nach dem Börsenboom von 1999 und 2000 sei noch nicht vorbei, sagt beispielsweise Volker Kuhnwaldt, stellvertretender Geschäftsführer der Fondsgesellschaft Nordinvest.

Feuerprobe

"Der vergangene Sommer war im heiß umkämpften Internet-Sektor für viele Firmen eine Feuerprobe", sagt Kuhnwaldt. Für ihn ist die Selektion der vergangenen drei Jahre aber noch nicht zu Ende. Besonders erfolgreich seien die Unternehmen, die sich direkt an den Endkunden wenden, wie zum Beispiel das Auktionshaus eBay oder der weltgrößte Online-Händler Amazon. In den derzeit konjunkturell schwierigen Zeiten nutze der Verbraucher vor allem Internetangebote mit bequemen und einfachen Handelsabläufen sowie großem Second-Hand-Anteil. "Nicht umsonst sind 20 Prozent aller angebotenen Bücher bei Amazon mittlerweile gebraucht", sagte Kuhnwaldt.

"Im Internet-Geschäft überleben vor allem Unternehmen mit geringen Fixkosten."

"Auf der Versteigerungsplattform des Auktionshauses eBay werden ja ebenfalls gebrauchte Produkte gehandelt", ergänzt Analyst Javier Marin von Morgan Stanley. Er sieht bei eBay noch einen anderen Vorteil: "Im Internet-Geschäft überleben vor allem Unternehmen mit geringen Fixkosten." Denn sie könnten bei schwankenden Kundenzahlen die Kosten anpassen. "Da hat eBay natürlich einen Vorteil, denn letzten Endes beruht dessen Geschäftsmodell nicht auf einer Ladenkette oder großen Lägern, sondern auf einer Idee - nämlich dieser Plattform."

Shr hohen Aktienbewertungen

Ein Analyst wies darauf hin, dass die Märkte mittlerweile viel konservativere Anforderungen an Internetunternehmen stellen würden. "In den Börsenboom-Zeiten zählte vor allem eine gute Produktidee, die erst nach einer Investitionsphase durch starkes Wachstum zu schwarzen Zahlen führen sollte. Diese Erwartungshaltung drückte sich häufig in sehr hohen Aktienbewertungen aus."

Nun seien wieder eher klassische Kriterien für die Beurteilung eines Internet-Unternehmens wichtig, hieß es: steigendes Umsatzvolumen, ein stark steigender Ertrag, ein angemessenes Kurs-Gewinn-Verhältnis und steigende Margen.

Überlebende

Als Beispiele für Unternehmen, die überleben werden, nennen Experten unter anderem Amazon, eBay, Yahoo, T-Online, aber auch den US-Online-Broker E-Trade. Amazon beispielsweise hatte im ersten Quartal bei einem deutlich gestiegenen Umsatz seinen Verlust verringert und seine Prognose für das Gesamtjahr angehoben.

Bei den Internet-Anbietern, die ihren Kunden vor allem den Zugang zum Internet verkaufen, sind die Analysten besonders für T-Online, Wanadoo und Terra Lycos positiv gestimmt. "Wanadoo und T-Online arbeiten mittlerweile ja operativ mit schwarzen Zahlen", sagt Kai Kaufmann, Analyst bei Dresdner Kleinwort Wasserstein. T-Online hatte seit Beginn 2001 in jedem Quartal einen steigenden operativen Ertrag erwirtschaftet. Im Gegensatz zur Mehrzahl seiner Kollegen erwartet Kaufmann auch für das erste Quartal 2003 ein steigendes operatives Ergebnis. T-Online will die Zahlen am Dienstag bekannt geben.(Reuters)