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Nokia-Chef Stephen Elop und Microsoft-Boss Steve Ballmer besiegeln den Pakt

Foto: EPA/DANIEL DEME

Vergangene Woche warf das "sinkende Schiff" Nokia den Rettungsanker: Die angestaubte und nicht mehr als konkurrenzfähig erachtete Handy-Plattform Symbian wird im Zuge einer engen Partnerschaft mit dem Softwarekonzern Microsoft durch Windows Phone 7 als Hauptsystem abgelöst. Die Kursänderung wird allerdings von heftigen Proteststürmen begleitet. Zunächst brachten bereits kurz nach der Ankündigung die Anleger ihren Unmut durch einen Kurssturz zum Ausdruck. Nun macht auch die treue, über ein Jahrzehnt aufgebaute Entwicklergemeinde Symbians ihren Zorn und ihre Enttäuschung medial breit.

Von Nokia betrogen und an Microsoft verkauft

In Foren und Blogs zeigen sie sich von Nokias Pakt mit dem Redmonder Riesen enttäuscht, fühlen sich verraten und drohen damit, künftig für Android zu entwickeln - das mittlerweile führende Mobile-Betriebssystem von Google. "Die Entwickler sind außer sich, weil sie fühlen, dass Nokia sie betrogen und an Microsoft verkauft hat", erklärt QT-Entwickler Andres Kruse die Lage gegenüber dem Branchenmagazin Wired. Auch Nokias populäre Entwicklungsumgebung QT, mit der sich Programme für verschiedenste Plattformen schreiben lassen, wird von Windows Phone 7 nicht unterstützt.

Ein Problem, dessen sich Nokia durchaus bewusst ist. Eine "magische" Antwort könne man aber nicht liefern, erklärt der leitende Projektentwickler Aron Kozak in seinem Blog. "Wir verstehen... wir werden versuchen, die Kommunikation weiter offen zu halten."

Entwickler entscheidend

Sollte Nokia seine starke Entwicklergemeinde nicht zum Umschwenken auf Microsofts Plattform überzeugen können, läuft der Hersteller Gefahr, ein wesentliches Zugpferd im Mobilfunkrennen zu verlieren. Die führenden Smartphone-Systeme Android und Apples iOS haben ihren Erfolg zu einem Großteil der wachsenden Entwicklergemeinde zu verdanken, die Applikationen für die mobilen Alleskönner schreiben und Kunden damit zwangsläufig an Systeme binden. Wer einmal 20, 50 oder gar 100 Apps für sein iPhone oder Android-Handy gekauft hat, dem wird der Plattform-Umstieg in Zukunft schwerer fallen. iOS und Android bieten zusammen knapp eine halbe Million derartiger Programme und Spiele an, bei Windows Phone 7 sind es bislang lediglich rund 5.000.

Dramatischer Wandel

Der Umstieg von Symbian auf Windows Phone 7 sorge aber auch für ideologische Konflikte, meint Gartner-Analyst Michael Gartenberg. Die Entwickler fühlen sich, "als hätten sie alles für Nokia gegeben und nun kapituliert ihr Konzern. Stellen Sie sich vor, Steve Jobs hätte 1997 bei seiner Rückkehr zu Apple gesagt, 'Wir sind fertig mit Macintosh, ab jetzt bauen wir Windows-PC', da hätten Sie in der Apple-Community die gleiche Reaktion gesehen", so Gartenberg.

Microsoft-Evangelist Brian Watson sieht den Umstieg als Notwendigkeit. "Es ist vielleicht eine bittere Pille... aber es ist zum Besseren", so Watson.

Plan B und interne Zerwürfnisse

Der harte Richtungswechsel der Konzernspitze - angeführt von Ex-Microsoft-Manager und Neo-Nokia-Chef Stephen Elop - sorgte unterdessen auch für den ein oder anderen Meutereiversuch. Ein Kreis an Nokia-Kleinanlegern sammelte die vergangenen Tage Stimmen für einen baldigen Führungswechsel beim finnischen Konzern. Bei der nächsten Anlegerversammlung hätte mehrheitlich gegen die neue Führung gestimmt werden sollen, um Nokia "zurück auf Kurs" zu bringen. Dieser "Plan B" sah unter anderem die Ablöse Elops, sowie die Unterstützung MeeGos anstelle von Windows Phone 7 vor.

Am Mittwoch verkündeten die Initiatoren allerdings, Plan B nicht weiterzuverfolgen. Grund dafür sei unter anderem, dass es zu lange gedauert hätte, um das Vorhaben umzusetzen. Bis dahin hätte man einen Großteil der Entwickler bereits verloren. (zw)

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