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Frankfurt - Es sind die idealen Voraussetzungen für das Entstehen von Gerüchten und Unruhe: Europas Geschäftsbanken haben sich in den vergangenen zwei Tagen rund 31 Milliarden Euro mehr als sonst bei der Europäischen Zentralbank (EZB) ausgeborgt. Warum das so war, weiß allerdings niemand, weil die EZB nie bekanntgibt, welche Bank sich wie viel Geld holt.

Nur so viel scheint gewiss: Irgendetwas dürfte bei einer oder mehreren Banken schiefgegangen sein. Normalerweise decken sich die Geschäftsbanken einmal die Woche - am Dienstag - mit Kapital bei der EZB ein. Sie zahlen dafür den aktuellen Leitzins von einem Prozent. 

Komma-Fehler?

Brauchen sie kurzfristig zusätzliches Kapital - man spricht von Übernacht-Ausleihungen -, zahlen sie dafür einen deutlich höheren Zinssatz, nämlich aktuell 1,75 Prozent. Es muss also schon triftige Gründe geben, warum ein Institut zu diesem Mittel greift.

An normalen Tagen werden bei der EZB ein paar hundert Millionen Euro abgefragt, in der Nacht auf Donnerstag waren es aber rund 15 Milliarden, in der Nacht auf Freitag sogar mehr als 16 Mrd. Euro - die höchsten Werte seit Juni 2009.

Am ersten Tag wurde spekuliert, ob sich ein Institut beim Komma vertan haben könnte: also dass es beispielsweise statt 1,5 Milliarden 15 Milliarden abrief. Nachdem es aber am zweiten Tag wieder eine so große Nachfrage gab, glauben Händler nun eher daran, dass eine Bank das Hauptgeschäft am Dienstag verpasst hat.

Probleme in Irland?

Die EZB-Statistiken sprechen durchaus für diese Theorie: Am Dienstag wurde der niedrigste Betrag seit Juni abgerufen - um 19 Mrd. Euro weniger als die Woche davor. Von generellen Problemen am Interbankenmarkt wollten Händler auch nicht sprechen: "Wir sehen keine Anspannung, es gibt ausreichend Liquidität."

Dennoch machten auch neue Gerüchte über Probleme in Krisenländern die Runde. Barclays spekulierte, dass Irlands Banken weiteren Kapitalbedarf haben könnten. Aus geldpolitischen Kreisen in Italien verlautete, man teile die These von technischen Problemen ebenfalls nicht. Dies sei vielmehr ein Zeichen dafür, dass die Märkte noch nicht wieder vollständig arbeiten. (go, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 19./20.2.2011)