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Experten sehen die Preisrekorde bei Rohstoffen wie Baumwolle als größte politische Herausforderung seit der Asienkrise 1997.

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Wien - Investoren ziehen ihr Geld so schnell aus Schwellenländern ab wie zuletzt auf dem Höhepunkt der Finanzkrise, im vierten Quartal 2008. Daten des Branchendienstes Emerging Portfolio Fund Research (EPFR) zeigen, dass in der vergangenen Woche 5,5 Milliarden Dollar aus Schwellenländer-Aktienfonds zurückgeholt wurden. Investoren zogen damit vier Wochen in Folge Geld ab. Das EPFR-Analystenteam um Brad Durham führt das auf Ängste vor Inflation "und politischen Konsequenzen" zurück, wie sie eben in Ländern wie Ägypten offensichtlich wurden.

Gestiegene Preise

Hauptverantwortlich dafür sind die gestiegenen Preise für Nahrungsmittel, Öl und Baumwolle. Da diese Erhöhungen oft temporär sind, sei das Problem noch eingegrenzt, gibt William De Vijlder, Chief Investment Officer von BNP Paribas Investment Partners, Entwarnung. Doch die Gefahr von Zweitrundeneffekten sei real: "US-Textilunternehmen haben sehr klar gesagt, dass im zweiten Halbjahr mit Preissteigerungen im zweistelligen Prozentbereich zu rechnen ist." Baumwolle notiert derzeit auf einem Allzeithoch von knapp zwei Dollar je Pfund.

Man müsse daher mit weiteren Zinserhöhungen in Schwellenländern rechnen, warnt De Vijlder, ein schlechtes Signal für Aktien- und Anleihenpositionen in der Region. "Die Geldpolitik hat eine Gratwanderung vor sich."

Wenn die Notenbanken in der Region die Zinsen zu stark erhöhen, könnte das die Volkswirtschaften zu stark bremsen. Aber viele Schwellenländer wie China müssten Jahr für Jahr Jobs schaffen, um den Prozess der Urbanisierung zu stützen. Doch auch die lockere Geldpolitik berge Gefahren, weil die heimische Inflation steige und damit die Währung real aufwerte. "Das ist die größte Politik-Herausforderung seit der Asienkrise 1997", sagt De Vijlder.

Die Notenbanken in Industrienationen würden dabei das Problem noch verschärfen. So hat die US-Notenbank Federal Reserve (Fed) seit November mit der zweiten Phase der "quantitativen Lockerung" begonnen und kauft im Zuge des Programms US-Staatsanleihen, um das Zinsniveau in den USA zu drücken. "Inflation ist auch ein monetäres Phänomen", so De Vijlder, "und in der modernen Welt ist die Geldmenge global." Die expansive Geldpolitik in den USA befeuere damit auch die Teuerung in Schwellenländern.

Große Kapitalflüsse

Dem stimmt Mohamed El-Erian, Chef des US-Investmenthauses Pimco, zu. Als Folge der Politik von Fed-Chef Ben Bernanke würden Rohstoffpreise, von Energie bis Nahrungsmitteln, steigen, warnt El-Erian in einem Beitrag für die Financial Times. Eine Folge der "quantitativen Lockerung" wären zudem "große Kapitalflüsse in aufstrebende Volkswirtschaften, die bereits überhitzen". Zumindest diese haben sich aufgrund der Inflationsängste der Investoren vorerst umgekehrt. (Lukas Sustala, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 21.2.2011)