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Besuch beim Wüstensohn im April 2004: Claudia und Jörg Haider, Hubert Gorbach, Muammar al-Gaddafi.

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Saif al-Gaddafi, ein in Kärnten gern gesehener Araber.

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Ein aktuelles Bild von Al Arabija, in dem Saif vor einem Bürgerkrieg warnt. Ein fähiger Mann, findet die österreichisch-libysche Gesellschaft.

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Jörg Haider und die Gaddafis, da war doch etwas. Diktatorensohn Saif al-Islam, 39, studierte als persönlicher Freund des verstorbenen Kärntner Landeshauptmanns an einer Wiener Privatuni und schwang am Opernball das Tanzbein. Vater Muammar empfing Haider im Wüstenzelt. Damals an der Seite des Kärntners: seine Frau Claudia. Heute, mehr als zwei Jahre nach Jörg Haiders Tod, fungiert sie als Präsidentin der österreichisch-libyschen Gesellschaft. Jedenfalls laut Vereinsregisterauszug (ZVR-Zahl 171456049). Sie wolle nichts zu den aktuellen Ereignissen in Libyen sagen, ließ sie ausrichten. derStandard.at hat stattdessen mit Engelbert Schörkmeier gesprochen, Gründungsmitglied, Vizepräsident und heute Schatzmeister der 2003 gegründeten Gruppierung.

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derStandard.at: Werden Sie mit Ihrem Ehrenpräsidenten Saif al-Islam al-Gaddafi ein ernstes Wörtchen sprechen?

Engelbert Schörkmeier: Das wird nicht gehen, er ist seit eineinhalb Monaten nicht mehr erreichbar und wird es wahrscheinlich auch in den nächsten zwei, drei Monaten nicht sein. Er hat derzeit andere Sorgen, ein Freundschaftsverein ist da nicht so wichtig. Wir sind mit Leuten in Kontakt, die ihm sehr nahe stehen. Ich weiß aber, dass Saif al-Islam sicherlich relativ liberal und pro-westlich eingestellt ist.

derStandard.at: Glauben Sie, dass Ihr Verein etwas an den diktatorischen Zuständen in Libyen verbessern kann?

Schörkmeier: Dazu möchte ich zuerst einmal sagen, dass es in Libyen im Vergleich zu anderen Diktaturen in Afrika oder in Asien gar nicht so schlecht ist. Es mag schon sein, dass es aus westlicher Sicht Fehler, ja sogar gravierende Fehler gegeben hat. Man muss ja auch in Betracht ziehen, dass dort zwischen zehn und fünfzehn unterschiedlichste Volksgruppen leben. Die meisten davon sind selber sehr konservativ, mit Stammesführern und sehr traditionellen Familienverbänden. So ein Land muss mal erst einmal gescheit zusammenhalten. Da gehört sicher eine striktere Regierungsform dazu, vielleicht nicht in der Form, wie manche Sachen eben ausarten. Das ist halt so ähnlich wie im Irak.

derStandard.at: Warum dann die Proteste?

Schörkmeier: Meiner Ansicht nach gehen sie nicht so wie in anderen Ländern vom Zorn des Volks aus, weil am Anfang ja noch stärkere Proteste von Regimeanhängern stattgefunden haben. Ich glaube eher, dass Familienverbände im Osten Libyens nach der Macht greifen. In Bengasi lebt die Familie, aus der früher der König hervorgegangen ist.

Diese Familie, zu der sicher hunderttausende Leute gehören, war all die Jahre als Opposition im Untergrund und will jetzt, inspiriert durch die Revolutionen in anderen Ländern, die Chance nützen. Die Leute in Libyen werden jetzt nicht weiß Gott wie unterdrückt, speziell in den letzten sechs, sieben Jahren ist das Land sehr liberalisiert worden. Darum sind auch zahlreiche ausländische Investoren im Land, die OMV ist schon seit Beginn der Achtzigerjahre dort. 

derStandard.at: Gaddafi hat also Ihrer Meinung nach nichts falsch gemacht?

Schörkmeier: Es wird sicherlich Fehler gegeben haben. Aber ich möchte jetzt nicht stur behaupten, dass das jetzt ein Aufstand gegen das Regime ist. Es haben halt gewisse Oppositionsgruppen die Chance genutzt. Sie haben auch Söldner aus dem Sudan und aus Schwarzafrika, die illegal im Land sind und für ein paar Dollar angeheuert werden.

derStandard.at: Hoffen Sie, dass sich Muammar al-Gaddafi an der Macht halten kann?

Schörkmeier: Ich hoffe jetzt nicht unbedingt auf Muammar al-Gaddafi, Saif al-Islam hätte sicher das Zeug dazu, zumindest eine Übergangsregierung zu führen. Der Vater ist halt eher von der konservativen Seite, hat aber in den letzten zehn Jahren viele Liberalisierungen zugelassen. So negativ würde ich das nicht sehen. Es gibt in Libyen wenigstens keine Leute auf den Straßen, die betteln, jeder bekommt vom Staat eine Wohnung, wenn er keine hat.

derStandard.at: Ist das Verhältnis zwischen Libyen und Österreich enger als zwischen anderen Staaten?

Schörkmeier: Österreich ist in Libyen sehr beliebt, viele ältere Menschen erinnern sich noch an den Namen Kreisky. Sehr positiv sogar. 

derStandard.at: Im Gegensatz zur Schweiz, oder?

Schörkmeier: Das sind halt Emotionen, die ausbrechen. Ich meine, das Verhalten von Hannibal (Motassim al-Gaddafi, genannt "Hannibal", fünftälterster Sohn des Diktators, Anm.) in der Schweiz, so etwas passiert halt. Das sind halt die Kinder. Ich sehe das irgendwo locker, weil ich die Mentalität der Leute kenne.

derStandard.at: Hannibal soll damals unter anderem eine Frau übelst zugerichtet haben. 

Schörkmeier: Er hat das Hotelpersonal verdroschen, ja.

derStandard.at: Die Schweiz dürfte als potenzielles Exil für die Gaddafis jedenfalls ausfallen. Werden Sie Ihren Freunden Asyl in Österreich anbieten?

Schörkmeier: Damit habe ich mich noch nicht beschäftigt. Wenn ein Fluchtgedanke besteht, wissen die dort wahrscheinlich recht genau, wo sie hinkönnen. In der Nacht habe ich gehört, dass Gaddafi nach Venezuela abgehaut sein soll. Von meinen Bekannten geht aber niemand davon aus, dass Gaddafi das Land verlassen wird. Was im inneren Kreis vor sich geht, weiß ich nicht. (flon/derStandard.at, 21.2.2011)