Wien um 1849.

Foto: M. Herrnegger & S. Hohensinner

Die Lobau um 1726.

Foto: S. Hohensinner

Die Lobau um 1820.

Foto: M. Perschl

Die Lobau um 2007.

Foto: M. Perschl

Wie gingen die Menschen im Raum Wien vor hunderten Jahren mit Überflutungen um, die zumindest alle paar Jahre kamen? Unter anderem dieser Frage geht die Umwelthistorikerin Gertrud Haidvogl seit Mai vergangenen Jahres im Rahmen des Projekts "Umweltgeschichte der Wiener Donau 1500-1890" nach. Ein wesentliches Ziel der ForscherInnen des Institut für Hydrobiologie und Gewässermanagement an der Boku ist es, die Donaulandschaft zu rekonstruieren, inklusive der Maßnahmen, welche die WienerInnen gesetzt haben, um mit dem Fluss umzugehen.

"Wir decken den Zeitraum vom 16. bis zum Ende des 19. Jahrhunderts ab. Uns interessiert also sowohl die Wiener Donau vor der Industrialisierung als auch, wie sich der Prozess ausgewirkt hat", berichtet sie. Die Inseln, Schotterbänke sind ebenso relevant bei der Forschungsarbeit, wie der Gewässerverlauf. Alles was heute zweiter und zwanzigster Bezirk ist, war eine große Insel, die immer wieder von einzelnen Gewässerarmen durchtrennt war.

Erste Siedlungen im 14. Jahrhundert

Man geht davon aus, dass im 14. Jahrhundert die ersten Siedlungen im zweiten Bezirk entstanden sind. Das war in erster Linie vermutlich auf Gewerbebetriebe und kleine Handwerker und Fischer beschränkt, die auf die Lage am Gewässer angewiesen waren. Im 18. Jahrhundert ist es im weiteren Verlauf dazu gekommen, dass sich viele Adelige Villen und kleine Schlösser in den Donauauen gebaut haben. Eine erste Siedlungsausdehnung kann man zu dieser Zeit bereits feststellen.

"Die Forschung geht davon aus, dass die Verlagerung der Donau ein natürlicher Prozess war", erklärt Haidvogl. Denn Flussläufe verlagern sich auch großräumig. "Es gibt bereits seit dem späten Mittelalter das Phänomen, dass sich die Donau nach Norden - weg von der Stadt Wien - verlagert hat. Wien ist ursprünglich durchaus an der Donau gegründet worden", berichtet die Forscherin.

Die Frage der Schiffbarkeit hat die StadtbewohnerInnen deshalb schon seit dem späten Mittelalter beschäftigt. Durch das Verschieben des Hauptarms der Donau nach Norden wurde etwa der jetzige Donaukanal ein schmaler Rinnsal. Man musste ständig Maßnahmen ergreifen, indem man zum Beispiel Teilungsbauwerke errichtete oder die Flusssohle ausbaggerte, um diese Sandablagerungen wieder wegzubringen und den Donaukanal schiffbar zu machen. Im späten 18. Jahrhundert ist man daher schon dazu übergegangen, den Verlauf der Donau regulieren zu wollen, um dadurch auch einen Hochwasserschutz herzustellen. Reguliert wurde für die Schifffahrt zwar vorher auch schon, aber vor allem beim jetzigen Donaukanal.

Auf die Natur reagieren

Die UmwelthistorikerInnen beschäftigen sich auch mit den Wechselwirkungen zwischen Natur und Gesellschaft. "Es geht darum, dass Gesellschaften ihre Lebensräume verändern, um Nutzen aus dem Ökosystem zu ziehen. Zu diesen Eingriffen gehören zum Beispiel die Energiegewinnung, die Schifffahrt, die Fischerei oder der Bau von Sicherheitsdämmen, um am Ufer siedeln zu können", sagt Haidvogl. Gleichzeitig besteht auch immer das Dilemma, dass die Menschen mit den Gefahren, wie Überschwemmungen umgehen müssen. In der Umweltgeschichte wird deshalb auch darauf geschaut, wie das Ökosystem auf oft unbeabsichtigte Eingriffe reagiert.

Diesen Vorgang erläutert Gertrud Haidvogl anhand eines aktuellen Beispiels: "Wenn man einen Kraftwerksdamm baut, will man in erster Linie Energie gewinnen. Aber dadurch entwickelt sich automatisch eine Sedimentablagerung im Stauraum. Und dies führt dazu, dass unterhalb der Staumauer zu wenig Geschiebe vorhanden ist, was wiederum zu einer Flusseintiefung führt." (Julia Schilly, derStandard.at, August 2011)