"Sein erster Geburtstag", flötet Mama und schaut versonnen dem Sohnemann beim Süßigkeitenschnabulieren zu. Die Sonne scheint aber nicht nur in dieser wunderbaren Werbetraumwelt. "Mein Kleiner teilt wirklich alles mit seinen Freunden." Nett von ihm, möchte man meinen, nicht aber im Land der unsichtbaren Viren. Da wird die soziale Natur zum Nachteil, denn, Alarm, Alarm! Die Kleine von nebenan steckt sich den Löffel des sorglosen Geburtstagskindes in den Mund, Frechheit!

Wie ausgerechnet die Darmflora zu einem Lieblingsthema des Werbefernsehens werden konnte, lässt sich nicht mehr eindeutig feststellen. Fakt ist, dass gegenwärtig mit fast schon besorgniserregender Penetranz das menschliche Ausscheidungsorgan und deren pro-, prä- oder sonst wie -biotischen Förderprodukte beworben werden. Zahlreiche Studien belegen die relative Wirkungslosigkeit dieser mit Heilsversprechen überfrachteten Nahrungsmittel. Die "patentierte probiotische Mischung" kann man dem Baby getrost ersparen. Den Schutz gegen Keime wird es zumindest auf diese Weise ziemlich sicher nicht erhöhen.

Darüber hinaus kommt es zur Aktualisierung einer längst überwunden geglaubten Geschlechterkonstellation. "Wie kann ich ihn weiterhin für das Leben draußen wappnen?", fragt die ängstliche Mutter. Die Erklärung kommt vom Mann im weißen Kittel. Autoritätsgehabe wie aus dem vorigen Jahrhundert, als der "Persil-Mann" Frauen erklärte, wie Wäsche weiß - also richtig weiß - wird. In der Vorstellungswelt der Werbung hat sich nichts geändert. Im Fall des Darms fehlte nur noch die "Persil"-Verabschiedung: "Da weiß man, was man hat. Guten Abend." (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 28.2.2011)