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Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR bewertet die Situation in und um Libyen dramatisch, die Flüchtlingszahlen hätten inzwischen 140.000 erreicht. Ein Ende des Exodus sei nicht absehbar.

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Infografik: Truppenkonzentration um Libyen

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Washington/Tripolis/Bengasi - US-Verteidigungsminister Robert Gates hat am Dienstag bekannt gegeben, dass zwei amphibische Landefahrzeuge und hunderte Marineinfanteristen ins Mittelmeer entsendet werden. Die USA spielten zudem diplomatisches Powerplay gegen das bröckelnde Regime von Muammar al-Gaddafi. Washington werde weiterhin alles daran setzen, dass der libysche Diktator abtritt, erklärte die US-Botschafterin bei der Uno, Susan Rice. Ihre Chefin, Außenministerin Hillary Clinton, sagte in einem Kongresshearing: "Libyen kann ein Beispiel für eine friedliche Demokratisierung werden oder ein langer Bürgerkrieg."

Im Land selbst deutete die Lage Dienstag eher auf Zweiteres hin: Die Aufständischen bewaffneten sich, der TV-Sender Al-Jazeera zeigte Bilder aus einer Kaserne im Osten Libyens, auf denen zu sehen war, wie Zivilisten Kisten mit Munition öffneten und Luftabwehrgeschütze in Stellung brachten. Die Situation in den umkämpften Städten im Westen blieb unübersichtlich. Libya al-Youm, eine Webseite der Opposition, meldete, junge Aufständische hätten vor der Stadt Al-Sawija eine Gruppe von Soldaten angegriffen. Sie hätten drei Soldaten getötet und mehrere Waffen erbeutet.

US-Regierungssprecher Jay Carney betonte nach einem Treffen von Präsident Barack Obama mit Uno-Generalsekretär Ban Ki-moon im Weißen Haus, dass sich die USA in der Krise alle Optionen offenhielten. Der britische Premier David Cameron schloss "die Nutzung militärischer Mittel in keiner Weise aus" , die französische Regierung sprach sich gegen ein sofortiges militärisches Eingreifen zur Entmachtung des libyschen Diktators aus. Vorrang müsse humanitäre Hilfe haben. Auch China ist gegen militärische Schritte ausländischer Mächte zur Beseitigung des Regimes und gegen eine Flugverbotszone.

Eine solche auch tatsächlich einzurichten dürfte nach Einschätzung der US-Militärs schwierig werden. Dafür müsste vor allem die libysche Luftabwehr ausgeschaltet werden (siehe auch Artikel unten).

Auf eine mögliche Flucht Gaddafis und seiner Familie nach Weißrussland deuten nach Angaben des Stockholmer Friedensforschungsinstitutes Sipri mindestens zwei Flüge von Gaddafis Privatjet von Tripolis zu einem weißrussischen Flugplatz in den vergangenen sieben Tagen hin. Als Zahlungsmittel habe Gaddafi mit seinem Privatjet wahrscheinlich Diamanten in das hochverschuldete Land schaffen lassen, sagte Sipri-Experte Hugh Griffiths.

Die EU will indes am 11. März zu einem Libyen-Sondergipfel zusammenkommen. Laut Diplomaten hatte Frankreich den Libyen-Gipfel vorgeschlagen. Einige große EU-Länder seien aber dagegen gewesen, hieß es. Angesichts der Umwälzungen in der arabischen Welt wirbt Frankreichs neuer Außenminister Alain Juppé zudem für eine Wiederbelebung der Mittelmeerunion. "Was sich heute am südlichen Mittelmeer abspielt, ändert die Gegebenheiten vollständig" , sagte Juppé am Dienstag bei seiner Amtsübernahme in Paris.

Ein Appell kam am Dienstag auch aus der libyschen Botschaft in Wien: "Wir rufen den Bruder Muammar al-Gaddafi auf, seinen Mut und die Courage einzusetzen und den Forderungen des Volkes entsprechend abzutreten."  (red, DER STANDARD, Printausgabe, 2.3.2011)