Wiener Neustadt - "Würde man es extrem auslegen, dürfte ein Wirtschaftsjournalist keine Aktien besitzen." Aber diese Strenge schien dem stellvertretenden Krone-Chefredakteur und Gewinn-Herausgeber 1999 "doch zu weit gegriffen", wie Georg Wailand am Dienstag bei seiner Zeugenaussage im Libro-Prozess erläuterte. Also nahm "Libro-Altaktionär" Wailand (er war an der Libro-Muttergesellschaft UD-AG beteiligt) das vom damaligen UIAG- und Libro-Aufsichtsrats-Chef Kurt Stiassny im Mai 1999 angebotene Aufsichtsratsmandat an.

"Heute würde ich das nicht mehr machen", sagte Journalist Wailand, das Spannungsfeld sei zu groß. Damals, am Höhepunkt der "New Economy", hegten die im Kontrollgremium versammelten Kapitalvertreter kaum Zweifel, dass die großspurigen Expansionspläne der (bis dahin verlustreichen) Libro-Deutschland im weltweiten Internet realisierbar wären - obwohl die vor dem Börsengang an die Altaktionäre ausgeschütteten 440 Millionen Schilling (31,9 Mio. Euro) Dividende den Bewegungsspielraum der "Tainment-Company" massiv einschränkten. Im Gegenteil, so Wailand, an Liquidität mangle es Handelsunternehmen ja selten.

Kerngeschäft litt

Außerdem habe Ex-Libro-Chef Andre Rettberg mit seiner Begeisterung und seinem Engagement alle angesteckt und den Eindruck vermittelt, "die biedere Buchhandelskette" sei in ein "E-Commerce-Paradies" zu verwandeln. Dabei sei allerdings das Kerngeschäft vernachlässigt worden, schilderte Wailand die Ursachen für den Libro-Ausgleich im Juni 2001 - nur eineinhalb Jahre nach dem Börsengang. "Aber das merkt man im Aufsichtsrat nicht." Am 18. Juni 2001 hatte er es dann doch gemerkt und das Mandat zurückgelegt, "weil er von einer Haftung in Deutschland im dreistelligen Millionenbereich nicht informiert worden war".

Im Gegensatz zu den ebenfalls am Dienstag einvernommenen Privatanlegern, die ihr in Libro-Aktien investiertes Geld verloren haben, war es für den Gewinn-Herausgeber, der sich als "gut bekannt mit Billa- und Libro-Gründer Wlaschek" bezeichnete, "kein Geheimnis, dass mit dem Emissionserlös alte Verbindlichkeiten getilgt wurden" statt neuer Libro-Filialen. Gerechnet hat sich das Investment dennoch. Dank Einstiegs der Telekom, die kurz vor dem Börsengang 25 Prozent um 86 Mio. Euro kaufte, machten Altaktionäre wie der Mittelstandsfinanzierer UIAG und das Libro-Management "einen Superschnitt" , rechnete Richterin Birgit Borns vor: Wailand hatte zirka 400.000 Euro investiert und rund 700.000 erlöst - obwohl er nur ein Drittel seiner Aktien verkaufte. (ung, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 2.3.2011)