Fuschl/Salzburg/Wien – Einer Frage weicht Horst Pirker im STANDARD konsequent aus: Was und wohin will Red Bull mit seinen Medien? "Ich werde jetzt vor allem einmal zuhören und lernen, dann mit meinen Kolleginnen und Kollegen an einer Strategie arbeiten und dann vielleicht darüber reden", erklärt er, der 1984 bis 2010 für die Styria (Kleine Zeitung, Presse) arbeitete, ab 1999 als Vorstandschef.
Pirker soll wohl aus den Red-Bull-Medien einen globalen Entertainmentkonzern formen, passend zur Marke Red Bull und ihren Events . Das monatliche Sport- und Jugendkulturmagazin Red Bulletin passt am schlüssigsten ins Gesamtbild. Es erscheint bisher in sieben Ländern von Deutschland, bis Südafrika und Neuseeland. In den USA kam 2010 eine Ausgabe, wohl ein Testballon.
Dazu kommen etwa das "Seitenblicke Magazin", das Konzernchef Dietrich Mateschitz ab 2003 eher als Gefallen an Finanzminister und Freund Karl-Heinz Grasser von Walter Meischberger und Freunden teuer übernahm, das 2009 aus dem Regionalsender Salzburg TV entwickelte, quasi öffentlich-rechtliche ServusTV mit seinem ruralen Printableger und Red Bull TV und Mobile, nun auch die Produktionsfirma Terra Mater des früheren ORF-Universum-Teams.
STANDARD: Sie werden bei Red Bull Vorsitzender der Geschäftsführung des Red Bull Media House. Wofür sind Sie nun (ab wann eigentlich?) genau zuständig/verantwortlich im Red-Bull-Konzern?
Pirker: Ab sofort für die Medienaktivitäten von Red Bull.
STANDARD: Was hat den Ausschlag gegeben für Ihre Unterschrift? Die – wie die Branche vermutet – satte Gage, die schon mit einem Vielfachen ihres Styria-Gehalts taxiert wird?
Pirker: Letztlich waren es die Person Dietrich Mateschitz und der globale Anspruch von Red Bull. Das Geld war völlig nebensächlich.
STANDARD: Sie haben bei der Styria stark das Sinn Stiftende Ihrer Tätigkeit und jener des Konzerns betont – wie passt das zu Red Bull?
Pirker: Es macht wenig Sinn Red Bull und die Styria zu vergleichen. Aber wer Dietrich Mateschitz kennt, weiß, dass es bei ihm auch einen Anspruch auch jenseits des kommerziellen Erfolgs gibt.
STANDARD: Sie haben früher mehrfach erwähnt, Sie wollten künftig selbst unternehmerisch mit einer Beteiligung tätig werden – das war hier nicht möglich, oder?
Pirker: Nein.
STANDARD: Gibt es eine Erfolgsbeteiligung – und wenn ja - woran wird der Erfolg gemessen?
Pirker: Dazu ist Vertraulichkeit vereinbart.
STANDARD: Verraten Sie mir die Vertragsdauer? Drei oder fünf Jahre?
Pirker: Auch dazu.
STANDARD: Was will Red Bull aus Ihrer Sicht eigentlich mit Medien? Marketing für Red Bull? Ein weiteres wirtschaftliches Standbein?
Pirker: Es ist klar ausgewiesen, dass das Red Bull Media House auch wirtschaftlich erfolgreich werden muss.
STANDARD: Sie unterrichten im Sommersemester an der Uni Graz betriebswirtschaftliche Strategie. Wie erklären Sie Ihren Studenten, was Sie – unter diesem Blickwinkel – in Ihrem neuen Job treiben?
Pirker: Ich werde jetzt vor allem einmal zuhören und lernen, dann mit meinen neuen Kolleginnen und Kollegen an einer Strategie arbeiten und dann vielleicht darüber reden.
STANDARD: Sie haben bis September 2010 einen quasi klassischen Medienkonzern geführt, der insbesondere auf Tageszeitungen fußte - regionale wie die "Kleine", nationale Massenblätter wie "24sata" und "Zurnal24", und die Qualitätszeitung "Die Presse" lag Ihnen so am Herzen, dass Sie selbst Herausgeber waren. Wie wäre es mit einer Red-Bull-Tageszeitung, womöglich gratis? Gratis ist ja laut ihrem früher formulierten Szenario ein mögliches Zukunftsmodell der Zeitungen insgesamt?
Pirker: Noch einmal: zuerst möchte ich zuhören und lernen.
STANDARD: Ihnen war bei der Styria stets wichtig, dass das Unternehmen nicht der Kirche gehört; viele Medien betonen ihre Unabhängigkeit. Wie geht es ihnen nun mit Medien, die sich ironisch "fast unabhängig" nennen?
Pirker: Es gibt immer mindestens einen Eigentümer. Das mit dem augenzwinkernden „fast unabhängig" aufzulösen, gefällt mir sehr gut.
STANDARD: Red Bulletin wird neuerdings auch am Kiosk verkauft - was wird die erste Nummer in Österreich verkaufen?
Pirker: Darüber kann und will ich nicht spekulieren.
STANDARD: Red Bulletin ist auf dem Weg unter die reichweitenstärksten Magazine international – kann man mit diesem Konzept auch wirtschaftlich erfolgreich sein?
Pirker: Prinzipiell ja.
STANDARD: Braucht man aus Ihrer Sicht für das Management eines Medienunternehmen mit starkem TV-Schwerpunkt Erfahrung mit dem Medium?
Pirker: Ich fühle mich jedenfalls in der Lage, den TV-Schwerpunkt kompetent mitzubetreuen.
STANDARD: Sehen Sie den Spartensender ORF 3 für Info und Kultur als Antwort auf Servus TV? Die Produktionsqualität von Servus soll ORF-intern schon als Maßstab genannt werden.
Pirker: Das spricht jedenfalls eindeutig für die Kompetenz der Menschen, die Servus-TV gestalten.
STANDARD: Können Sie das Konzept eines quasi öffentlich-rechtlichen Privatsenders nachvollziehen?
Pirker: Ja. Eine der mir zugänglichen Stärken von Dietrich Mateschitz besteht daran, Entwicklungen zu spüren, die anderen verborgen bleiben.
STANDARD: Können Sie mit Servus TV dem von Ihnen so oft kritisierten ORF zeigen, wie man öffentlich-rechtliches Fernsehen macht? Mit der Erfahrung könnten Sie dann ja später auf dem Küniglberg antreten, wenn es andere Mehrheiten im Stiftungsrat gibt?
Pirker: Auf dem Küniglberg werde ich nie antreten; das habe ich schon oft genug gesagt.
STANDARD: Red Bull und auch seine Medien sind stark auf den Konzernchef fokussiert. Wieviel Spielraum bleibt da einem selbstbewussten Manager wie Horst Pirker, der immerhin schon die Styria Media Group war?
Pirker: Das wird auch so bleiben.
STANDARD: Wo beginnt die Ebene, ab der Horst Pirker Entscheidungen vom Konzernchef absegnen lassen muss, der sich bisher ja selbst um einzelne TV-Sendungen kümmern soll?
Pirker: Wir werden sicher alle wesentlichen Entscheidungen miteinander besprechen.
STANDARD: Wie lange können zwei Alphatiere wie Mateschitz und Pirker zusammenarbeiten, meinen Sie?
Pirker: Dietrich Mateschitz ist nicht dafür bekannt, schwache Leute um sich zu scharen.
STANDARD: Welche Medienhäuser beziehungsweise Unternehmen aus anderen Branchen haben eigentlich sonst noch bei Ihnen angeklopft – und warum haben Sie sich für dieses entschieden?
Pirker: Das Entscheidende war der globale Anspruch von Red Bull.
STANDARD: Zum Pflicht-Büroinventar von Managern im Red-Bull-Konzern gehört offenbar kleine Kühlschränke mit Produkten des Konzerns. Welches Produkt des Hauses wird bei Ihnen am schnellsten nachzuladen sein?
Pirker: Carpe Diem.
STANDARD: Wenn Sie für Red Bull eine Entsprechung in der Medienwelt suchen: Was wäre das am ehesten?
Pirker: Das Red Bulletin. (Harald Fidler/DER STANDARD; Printausgabe, 4.3.2011/Langfassung)