Wien - Der lange und strenge Winter verzögert den Beginn der heimischen Pollensaison zwar, heuer ist aber mit Rekordwerten zu rechnen. Die Belastung durch Birkenpollen kann im geografischen Dreieck Salzburg - Klagenfurt - Lienz doppelt so hohe Werte erreichen wie 2010, warnten Fachleute am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Wien. Sie bekräftigen auch den Appell, schon bei ersten Symptomen möglichst rasch medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Immer noch suchen rund zwei Drittel aller Allergiker erst dann professionelle Hilfe, wenn die Beschwerden unerträglich werden und die Lebensqualität stark beeinträchtigt ist, warnte der Leiter des Wiener Allergieambulatoriums, Christof Ebner. Manche auch gar nicht, da es am Bewusstsein mangle. "Allergien sind nach wie vor unterschätzte Krankheiten", so der Mediziner. Patienten werden viel zu selten und sehr oft zu spät als solche erkannt und behandelt. Begriffe wie "Heuschnupfen" würden die Krankheit verharmlosen - was vielen aber nicht bewusst ist: wenn nichts unternommen wird, tritt mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Verschlechterung ein. Bei Atemwegsallergien verläuft die Entwicklung meist schleichend - bis hin zu chronischem Asthma.

Therapieoptionen und Therapietreue

Je nach Allergie stehen den Patienten heute unzählige Behandlungsansätze zur Verfügung: die Allergenvermeidung (etwa bei Lebensmitteln), symptombehandelnde Therapien (meist bei leichteren Fällen) und die Toleranzentwicklung durch die gezielte Gabe von Allergenen. Verabreicht werden können die Substanzen durch Spritzen, Tropfen und - seit kurzem - Tabletten. Letztere Variante zielt auf die Immunisierung ab und dauert in der Regel drei, manchmal auch bis zu fünf Jahren. Derzeit brechen mehr als zwei Drittel der Betroffenen die Immuntherapie vorzeitig ab, erklärte Ebner. Eine etablierte allergische Immunreaktion könne aber langfristig nur mit Durchhaltevermögen beeinflusst werden.

Um diese Patienten bei der Stange zu halten, wird intensiv an der sogenannten Compliance  gearbeitet. Diese hängt einerseits von Zusammenarbeit und Vertrauen zwischen Arzt und Betroffenen ab, andererseits können Rahmenbedingungen und Serviceangebote einen positiven Beitrag leisten. Dazu zählen Maßnahmen im Alltag wie Erinnerungshilfen oder auch das vor zwei Jahren ins Leben gerufene Online-"Pollentagebuch", das Zusammenhänge zwischen Pollenflug und Beschwerden dokumentieren soll. Der in Österreich gegründete und mittlerweile in neun europäischen Ländern etablierte Pollenwarndienst geht übrigens mit der Zeit: Seit gestern findet man ihn auch auf Facebook. (APA)