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Die Angeklagten bekannten sich nicht schuldig.

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Vater und Sohn auf der Anklagebank. Dem einen, einem unscheinbaren Mann, der wesentlich älter wirkt als 56, wird Mord vorgeworfen, Nötigung und Freiheitsentziehung. Dem anderen, 18 Jahre alt, Mord durch Unterlassung. Die beiden sollen am 17. Mai des Vorjahres den 26-jährigen Liebhaber der Tochter beziehungsweise Schwester vor dem Haus der jungen Frau in Langenegg in ein Auto gezerrt und in einen Wald hoch über Hittisau gebracht haben. Dort soll ihn, so die Anklage, der Vater durch einen Revolverschuss aus nächster Nähe getötet haben.

Der Sohn sei im Auto geblieben, habe die Absichten des Vaters geahnt, aber nichts zur Rettung des entführten jungen Mannes getan. Er kenne den Toten gar nicht, habe ihn nicht vor dem Haus der Tochter ins Auto gezerrt und schon gar nicht umgebracht, sagt der Erstangeklagte. Mehr ist von ihm in der fünfstündigen Verhandlung nicht zu erfahren. Belastende Aussagen von Zeugen und Experten des Bundeskriminalamtes lässt er reglos über sich ergehen.

"Ich habe überhaupt nichts getan"

Verteidiger Stephan Wirth beschreibt den Angeklagten hingegen als braven Familienvater, der 1974 aus der Türkei nach Vorarlberg gekommen sei und hier sieben Kinder großgezogen habe. Er habe seine Familie nicht unterdrückt. Wirth plädierte für Freispruch.

Der Sohn müsse ebenfalls freigesprochen werden, forderte dessen Verteidiger Germann Bertsch: "Der ist ein gutmütiger Kerl, der tut alles, was man ihm sagt." Dieser beschränkt sich auf zwei Sätze: "Ich bin nicht schuldig" und: "Ich habe überhaupt nichts getan." Genau das mache er ihm auch zum Vorwurf, sagt Staatsanwalt Karl Wild in seinem Schlussvortrag. Er sei gemäß der Aufforderung des Vaters zum Opfer in das Auto gestiegen, "um mit seinen 100 Kilo zu verhindern, dass das Opfer flieht".

Seine Rechtfertigung bei Polizeieinvernahmen, es habe sich um eine Sache des Vaters gehandelt, sei leichtfertig, schließlich ging es, so Karl Wild, "um Leben und Tod". Der Sohn habe nicht verhindert, dass sich der Vater zum Henker aufspiele. Wild zum Erstangeklagten: "Sie haben Ihre Wertvorstellungen zum Maß aller Dinge gemacht."

Weitere Töchter verbannt und genötigt

Aus der Zeugenaussage der Tochter wird verlesen, der Vater habe sie kontrolliert, ihr, der geschiedenen Frau, den Kontakt mit dem Opfer untersagt. Die 29-Jährige wurde kontradiktorisch einvernommen, befindet sich im Zeugenschutzprogramm. Nicolas Stieger, Anwalt der Opferfamilie: "Dieser Mann ist ein Despot, er saß mit seinen Verboten der Tochter im Nacken." Er lebe nach Traditionen, "die bei uns in Österreich nichts zu suchen haben".

Die Scheidung der Frau (nach Zwangsverheiratung mit einem Cousin) habe er ebenso als Schande betrachtet wie das Verhältnis zum verheirateten Opfer. Stieger verwies darauf, dass 2005 eine andere Tochter in die Türkei verbannt und dort ermordet wurde. Eine weitere Tochter, die in die Türkei fuhr, um mehr über den Tod der Schwester zu erfahren, wurde dort verheiratet.

Der Vater wurde zu lebenslanger Haft verurteilt, der Schuldspruch ist nicht rechtskräftig. Sein wegen Mordes durch Unterlassung angeklagter 18-jähriger Sohn wurde wegen Unterlassung der Verhinderung einer mit Strafe bedrohten Handlung zu zwölf Monaten Haft, zehn davon bedingt, verurteilt. Er nahm das Urteil an. (Jutta Berger, DER STANDARD Printausgabe, 4.3.2011)