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Die Nervosität vor der Volkskongress-Sitzung in Peking war zum greifen: Ein Polizist patrouilliert am Tianamen-Platz.

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J-10-Kampfflugzeuge in Formation.

Foto: REUTERS/Joe Chan/Files

Peking - China rüstet weiterhin stark auf: Das Militärbudget soll heuer um 12,7 Prozent steigen. Der Sprecher des Volkskongresses (Parlaments), Li Zhaoxing, sagte dazu am Freitag im Vorfeld der Jahrestagung in Peking, Chinas Verteidigungspolitik sei "defensiv" und stelle "keine Bedrohung" für andere Staaten dar.

Die USA und Chinas Nachbarn betrachten die Aufrüstung mit Misstrauen. Nach Einschätzung Washingtons sind die tatsächlichen Militärausgaben Chinas zwei- bis dreimal höher als offiziell angegeben. Laut Beobachtern könnte China den geplanten Flugzeugträger schon heuer, ein Jahr früher als erwartet, in Dienst stellen.

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Am selben Tag, als US-Verteidigungsminister Robert Gates im Jänner in Peking mit Staats- und Armeechef Hu Jintao zusammentraf, testete die chinesische Luftwaffe scheinbar zufällig den Prototyp eines J-20 Tarnkappen-Jets. Ebenfalls im Jänner starb der ehemalige Vizemilitärchef Liu Huaqing mit 95 Jahren. Der frühere Admiral wurde in Gedenkreden als Vater des chinesischen Flugzeugträger-Programms gefeiert. Ein Prototyp soll bald der Öffentlichkeit vorgeführt werden, heißt es. Armeezeitungen brüsten sich auch mit neuen Lenkwaffen, mit denen selbst US-Flugzeugträger versenkt werden können.

Diese Großwaffensysteme, die offensiv angewendet werden können, sowie die Neuausrichtung der Volksarmee auf Luftwaffe und Marine kosten viel Geld. Pekings Wehretat soll 2011 um 12,7 Prozent auf 601,1 Mrd. Yuan (65 Mrd. Euro) steigen. Diese Zahlen, die asiatische Nachbarstaaten mit Besorgnis aufnehmen, bewertete der Sprecher des Volkskongress Li Zhaoxing als im Weltvergleich "eher gering" . Chinas Rüstung diene zur "Verteidigung seiner Unabhängigkeit, territorialen Souveränität und Unversehrtheit" . Sie sei keine Bedrohung für andere Staaten. Li schränkte seine Vorankündigung über den Militäretat einen Tag vor der alljährlichen Parlamentssession mit dem Hinweis ein, dass endgültige Zahlen erst nach Bewilligung des Etats feststehen würden.

Premier Wen Jiabao wird heute, Samstag, die achttägige Parlamentssitzung mit seinem Regierungsbericht und den Leitlinien für den neuen Fünfjahresplan (bis 2015) eröffnen. Wen will verkünden, dass Chinas überhitzt wachsende Volkswirtschaft künftig nur noch um durchschnittlich sieben Prozent pro Jahr zulegen soll, um eine Wende zu einer binnenmarktorientierten Wirtschaftsentwicklung zu ermöglichen.

Die Militärs verfügen den USA zufolge bereits über den in absoluten Zahlen zweithöchsten Militärhaushalt der Welt. Auf Nachfrage eines indischen Journalisten, dass Peking Indien, mit dem es seit den Grenzkämpfen 1962 ungelöste Grenzprobleme hat, mit dem hohen Etat unter Druck eines neuen Rüstungswettlauf setze, sagte Li: Pekings Militärausgaben lägen unter zwei Prozent der Wirtschaftsleistung Chinas. Indiens Wehretat mache dagegen über zwei Prozent seines Wirtschaftsergebnisses aus. Li verschwieg, dass China heute als zweitstärkste Volkswirtschaft der Welt ein Mehrfaches mehr Geld als Neu-Dehli für sein Militär ausgibt.

China schlägt überall in Asien Misstrauen entgegen, nachdem es 2010 mit militärischem Muskelspiel über territoriale Streitfragen im ost- und südchinesischen Meer sowohl Japan als auch südostasiatische Nachbarn von Vietnam bis zu den Philippinen aufgeschreckt hatte. Als Folge begrüßen sie ein wieder verstärktes Engagement der USA in der Region.

Pentagon-Analysen unterstellen China eine Reihe seiner Ausgaben für Strategische Kräfte, Auslandseinkäufe von Waffen oder für Forschung und Entwicklung nicht im Wehretat auszuweisen, sondern in anderen Haushaltspositionen zu verstecken. Der tatsächlichen Verteidigungshaushalt Chinas sei doppelt so hoch. (Johnny Erling aus Peking/DER STANDARD, Printausgabe, 5.3.2011)