"Auch sie müssen sich Christen, im Sinne von Kulturchristen, nennen und sich zu den Grundlagen unserer Gesellschaft bekennen", fordert Zeitz.

Foto: Güler Alkan

Christian Zeitz, Islambeauftragter des Wiener Akademikerbundes; Franz Fiedler, ehemaliger Präsident des Österreichischen Akademikerbundes und Amer Albayati, Sprecher der Initiative Liberaler Muslime in Österreich (v.l.nr.)

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Ein ausgestopfter Fuchs blickt einem entgegen wenn man den Kellerraum des Wiener Akademikerbunds in der Schlösselgasse in Wien-Josefstadt betritt. Im rustikal eingerichteten Keller mit Bildern von Habsburger Monarchen und Wappen an den Wänden haben sich rund vierzig Personen versammelt. Ein eingerahmter Papst Benedikt XVI. ist hoch oben auf einer Küchenvitrine aus Holz platziert und schaut lächelnd auf die Besucher herab. Heute wird das "Wiener Integrationsmanifest" vorgestellt.

"Begrenzung der Islamisierung"

Ruhig ist es um den klerikal-konservativen Wiener Akademikerbund geworden, seit dessen mittlerweile abgesetzter Obmann Josef Müller sich vergangenes Frühjahr für die Aufhebung des NS-Verbotsgesetzes ausgesprochen und damit für einen Eklat und den Ausschluss aus der ÖVP-nahen Dachorganisation "Österreichischer Akademikerbund" gesorgt hat. Die Zeit des medialen Rückzugs hat man offenbar dazu genutzt, um an einem Positionspapier zur Integration der Muslime in Österreich zu basteln.

Dieses "Wiener Integrationsmanifest", das vom Wiener Akademikerbund gemeinsam mit der Initiative Liberaler Muslime, dem Islamisch Österreichischen Zentrum und unter Miteinbeziehung orientalischer Christen erstellt wurde, wie es in der Ankündigung heißt, richtet sich an "integrationswillige Muslime" und soll mit seinen 25 Vorschlägen und Forderungen laut Christian Zeitz, Islambeauftragter des Wiener Akademikerbundes, auch ein "Schritt zur Begrenzung der Islamisierung", sein.

Kopftuchverbot an Schulen

Einige der Vorschläge sind durchaus nachvollziehbar wie die Forderung nach einem Kopftuchverbot in Volksschulen und weiterführenden Schulen bis zur Mittelstufe, damit Minderjährigen das Kopftuchtragen nicht aufgezwungen werde. Langfristig sei dabei ein generelles Kopftuchverbot an öffentlichen Gebäuden angestrebt, so Zeitz. Er fordert auch eine Offenlegung der Glaubensgrundlagen der IGGiÖ (Islamische Glaubensgemeinschaft in Österreich) auf Deutsch.

Die IGGiÖ kommt im "Wiener Integrationsmanifest" oft vor, meist als Hauptadressat der Forderungen. Zeitz kritisiert zum Beispiel, dass die IGGiÖ mit den einzelnen Moscheen und Vereinen nicht viel zu tun habe und die Prediger vor Ort der Kontrolle entzogen werden. Auch die Forderung nach einer sorgfältigeren Kontrolle der islamischen Religionslehrbücher auf "(straf)rechtswidrige Passagen" wird erhoben.

"Kulturchristen"

Manche Forderungen haben es jedoch "in sich". So fordert Zeitz, dass sich nach Österreich eingewanderte Muslime zur christlichen Leitkultur bekennen müssen: "Auch sie müssen sich Christen, im Sinne von Kulturchristen, nennen und sich zu den Grundlagen unserer Gesellschaft bekennen." Diese Grundlagen sieht er "fest auf dem Boden des Christentums" und spricht dabei von "christlichen Kulturprodukten", für ihn sind das zum Beispiel "die Trennung von Staat und Kirche, die marktwirtschaftliche Ordnung und die Gleichberechtigung der Frau."

Von Mitarbeitern muslimischen Glaubens im öffentlichen Dienst fordert das "Wiener Integrationsmanifest" ein schriftliches Bekenntnis zu "den Grundprinzipien des Rechtstaates in seiner österreichischen Ausprägung." Für Zeitz bedeutet das konkret, dass sich Muslime bei Eintritt in den Staatsdienst "von Koranversen, die gegen die rechtsstaatlichen Grundprinzipien verstoßen", distanzieren müssten.

Minarettverbot

Des Weiteren wird im Integrationsmanifest ein explizites Minarettverbot gefordert. Minarette sieht Zeitz als "orientalische Symbole der Zwangsveränderung." Geht es nach dem Islambeauftragten des Wiener Akademikerbundes, hat die autochthone Bevölkerung das Recht sich gegen die Multikulturalität, die er als "Zwangsveränderung" sieht, zu wehren. "Wir haben keinen Grund uns in der Mitte zu treffen. Jeder Kompromiss fußt auf dem Boden der Multikulturalität", teilt er den Zuhörern mit und erntet dafür Applaus.

Auch als er vom Vorrang der christlichen Leitkultur spricht, findet das großen Anklang im Publikum. Die Stimmung ist jedoch nicht aggressiv-aufgehetzt. Überwiegend sind es betagte, gutbürgerliche Herren und Damen, die den Worten von Zeitz lauschen. Auch jüngere Zuhörer gibt es, einen jungen Mann mit glatt gestriegeltem Seitenscheitel und Trachtenjanker zum Beispiel. Hannelore Schuster von der "Moschee Ade"-Bürgerinitiative sitzt auch im Publikum.

"Kampf-Wörter"

Im Laufe des Abends wird immer wieder von der Scharia, dem Jihad und der Gefahr der "schleichenden Islamisierung" gesprochen. Die Mehrheit des Publikums nickt zustimmend, wenn Zeitz von "schariatisch-islamischen Gestaltungsvorstellungen", der „Benachteiligung von Österreichern durch das Anti-Diskriminierunsgesetz" und der „Beseitigung des Wildwuchses an Moscheen" spricht. Es gehe ihm jedoch nicht um eine historische Auseinandersetzung, "sondern um die Frage des Erhalts des österreichischen Rechtsstaats." Dementsprechend will er von Islamophobie nichts hören, das seien "Kampf-Wörter" genauso wie Rassismus und Fremdenfeindlichkeit. Diese "Kampf-Wörter" sieht er als Gefahr für die Rede- und Meinungsfreiheit.

Dämonenkult?

Zwischen Islam und Islamismus wird weder im „Wiener Integrations-Manifest" noch im Vortrag von Zeitz getrennt. Solch eine Unterscheidung hält er für "grundsätzlich falsch." Der Islam ist für ihn generell nicht liberal ausgerichtet. "Es gibt keinen Islamismus, nur einen Islam", so Zeitz. Liberale Muslime gäbe es sehr wohl, allerdings nur "durch den Kontakt mit der offenen Gesellschaft."
Mit offener Gesellschaft meint er wiederum die christlich-westliche Welt. "Die Offenheit ist ein Produkt des Christentums, ich glaube, dass es Liberalismus auf dem Boden anderer Religion nicht gibt." Anderen Religionen spricht er somit Liberalismus ab. "Der Buddhismus ist de facto ein ganz stark ritualisierter Dämonenkult", meint Zeitz. Dem Judentum hält er "reichhaltige Beiträge zur europäischen Kultur" zugute, dennoch definiert er Rechtsstaatlichkeit als "Produkt der christlichen Sicht auf die Gesellschaft."

Islam reformierbar?

Obwohl er an die Reformierbarkeit des Islams nicht glaubt, ist es für Zeitz wichtig, liberale Muslime zu unterstützen. Daher wurde die Initiative Liberaler Muslime eingeladen, mit dem Wiener Akademikerbund das Positionspapier zur Integration der Muslime in Österreich auszuarbeiten. "Ich habe die Erfahrung gemacht, dass sich viele Moslems mit den wesentlichen Punkten einer Islamisierung nicht identifizieren", erklärt Zeitz diese Zusammenarbeit.

Amer Albayati, Sprecher der Initiative Liberaler Muslime in Österreich, der diesen Abend auch zu den Vortragenden gehört, hält den Islam im Gegensatz zu Zeitz für reformierbar. "Wir wollen den Islam reformieren und zeitgemäß machen." Während Zeitz den Islam mit Unterwerfung gleichsetzt, bedeutet der Islam für Albayati die Hingabe an Gott. "Es ist eine Religion zwischen Mensch und Gott, die jeder Mensch nach eigenem Verständnis praktizieren kann, eine individuelle Auslegungssache", so Albayati.

"Wort Gottes"

Als er eine exegetisch-kritische Überarbeitung des Korans zur Anpassung an heutige Verhältnisse vorschlägt, erntet er dafür heftige Kritik von einem muslimischen Zuhörer. "Keinen Beistrich können sie am Koran ändern, das ist das Wort Gottes", wird ihm erzürnt entgegengebracht. Widerstand und Bedrohung ist Albayati gewohnt. Nicht wenige Todesdrohungen und Hassbotschaften hat die Initiative Liberaler Muslime seit ihrer Gründung im Jahr 2000 erhalten. Davon lässt sich Albayati, der in Bagdad geboren ist, nicht einschüchtern.

Mit dem Wiener Akademikerbund teilt sich Albayati die Kritik an "radikalen Islamisten, die sich hinter dem veralteten Religionsgesetz von 1912 verstecken" und dem Religionsmonopol der IGGiÖ. In seinem Vortrag wirft er dem Präsidenten der islamischen Glaubensgemeinschaft vor die wahhabitsch-saudische Auslegung zu fördern. "Wir lehnen jeden religiösen und materiellen Einfluss vom Ausland, vor allem aus Saudi-Arabien und der Türkei ab, weil das für politische Zwecke verwendet wird", betont Albayati. Die Intiative Liberaler Muslime hat daher mit drei weiteren islamischen Vereinigungen im Dezember 2010 die Anerkennung als selbstständige Glaubensgemeinschaft beantragt. In Zukunft wünscht er sich mehr Unterstützung für die liberalen Muslime seitens österreichischer Politiker und Verantwortungsträger und ist sich hier wieder einig mit Zeitz. (Güler Alkan, 07. März 2011, daStandard.at)