Die Nano-Düsenjets sollen in Zukunft kleinste Medikamenten-Mengen durch Flüssigkeiten an die gewünschten Ort transportieren.

Foto: IFW Dresden

Dünne Schichten, die sich selbst zu winzigen Mikro- und Nanoröhren zusammenrollen, sausen mit eigenem Antrieb und von Magneten gesteuert durch Flüssigkeiten: Wissenschafter des Leibniz-Instituts für Festkörper- und Werkstoffforschung Dresden (IFW) haben den kleinsten von Menschenhand hergestellte Düsenantrieb der Welt geschaffen. Der Rekord wurde inzwischen auch von "Guinness World Records ltd." bestätigt.

Der Miniatur-Düsenantrieb misst 600 Nanometer im Durchmesser und wiegt gerade einmal ein Picogramm (10-15 kg). Bei dem Winzling ging es den Forschern aber weniger darum, einen Rekord aufzustellen als vielmehr neue Funktionalitäten damit zu verbinden.

Chemische Energie aus der Umgebung

Die Vision der Wissenschafter ist es, komplexe Nanomaschinen herzustellen, die beispielsweise in der Lage sind, kleinste Mengen von Medikamenten zu transportieren und gezielt an einem vorbestimmten Ort abzuliefern. Nach dem Vorbild biologischer Mikroorganismen sollen künstliche Mikromaschinen die chemische Energie ihrer Umgebung anzapfen und sie für die eigene Fortbewegung verwenden.

Für derartige Mikro- und Nanoraketen mit eigenem Antrieb hat das Forscherteam um Oliver G. Schmidt bereits konkrete Ideen: Für die selbstgetriebenen Mikro-Container werden üblicherweise Titan-, Eisen- und Platinschichten zu Röhren von fünf Mikrometern Durchmesser und rund 50 Mikrometern Länge aufgerollt. Die innerste Schicht dieser Mikroröhren besteht aus Platin und dient als Katalysator in der Reaktion von Wasserstoffperoxid zu Wasser und Sauerstoff. Dabei bilden sich Sauerstoffblasen, die aus den Mikro- oder Nanoröhren herausgestoßen werden und so zu einer schnellen und gerichteten Bewegung der Röhrchen führen.

Fernsteuerung per Magnetfeld

Durch ein äußeres Magnetfeld können Bewegung, Beschleunigung und Richtungsänderungen der Röhrchen auf sehr einfache Weise ferngesteuert werden. Mehr noch: auch das Be- und Entladen der durch die Mikro-Röhren transportierten Fracht ist möglich und durch ein Magnetfeld präzise steuerbar. In ersten Experimenten konnten bereits bis zu 60 Styroporkügelchen und einige metallische Nanoplättchen durch die Flüssigkeit transportiert werden.

Eine weitere vielversprechende Stoßrichtung ist die Entwicklung selbstgetriebener Mikroraketen mit Enzymen als Katalysator. Diese bestehen aus aufgerollten Titan-Gold-Schichten und dem Enzym Katalase, das in Zellen von Lebewesen verbreitet ist und Wasserstoffperoxid sehr effektiv in Sauerstoff und Wasser zersetzt. Dadurch wird die Antriebskraft deutlich gesteigert, so dass zehnmal höhere Geschwindigkeiten erreicht werden als zuvor. Außerdem sind Mikro-Antriebe dieser Art besser für eine Anwendung in biologischen Systemen geeignet.

Die Mikro- und Nanoröhrchen werden durch die Technologie des Verspannungs-getriebenen Aufrollens dünner Schichten aus Titan, Eisen und Platin hergestellt. Dabei werden dünne Schichten so auf Oberflächen abgeschieden, dass die Schichten unter extrem hoher mechanischer Spannung stehen. Beim Ablösen der Schichten wird ein Teil der Verspannungsenergie freigesetzt, so dass sich die Schicht aufrollt oder verformt. Auf diese Weise können Nano- und Mikroröhren mit großer Präzision in bestimmten Durchmessern und aus ganz verschiedenen Materialien reproduzierbar hergestellt werden. (red)