Über 8000 Tiere in 700 Arten leben derzeit im Wiener Tiergarten Schönbrunn, vom Nashorn bis zum Leguan, von der Giraffe bis zur Tigerpython.
Jede Art hat ihre ganz speziellen Eigenheiten, die niemand besser kennt, als die PflegerInnen, die sich tagtäglich um die Tiere kümmern.
Wie die Beziehung zwischen den Tieren des Zoos und ihren PflegerInnen aussieht und wie sich der Alltag mit den Tieren gestaltet, haben Autorin Renate Pliem und Fotograf Lukas Beck im neuen Buch "Leben im Zoo" festgehalten.
In einfühlsam bebilderten "Doppelporträts" präsentieren Pliem und Beck 71 Zootiere und ihre BetreuerInnen, die von ihren Erfahrungen und besonderen Erlebnissen mit ihren Schützlingen berichten.
Ein Jahr lang haben Beck und Pliem die Tiere und BetreuerInnen im Alltag begleitet. "Die PflegerInnen haben eine ganz spezielle Beziehung zu den Tieren - nicht vergleichbar mit der Beziehung zu einem Haustier", erklärt Lukas Beck. Und auch die Tiere würden ihre PflegerInnen gut kennen: am Geruch, an der Stimme oder am Blick, der ausgetauscht wird.
In ihren Porträts geben die TierpflegerInnen Einblick in den Zooalltag "back stage". Sie erzählen, warum Flusspferde nicht schwimmen können, dass eine Bergkönigsnatter immer dort ist, wo man sie nicht erwartet, wie anlehnungsbedürftig ein Wasserbüffel sein kann oder wozu der Ameisenbär seine langen Krallen braucht.
Während der Arbeit an dem Buch sind Beck und Pliem so mancher Spezies begegnet, von der sie vorher nur wenig wussten - jedes Kennenlernen war ein Abenteuer für sich.
"Kein Tier ist uninteressant oder hässlich", sagt Lukas Beck. Und oft blieb Autorin und Fotografen vor Staunen über Können und Einfallsreichtum der Tiere der Mund offen stehen: "Die Natur hat für alle Probleme eine Lösung gefunden - wir können versuchen, das nachzumachen, aber wir werden es nie erreichen."
Die TierpflegerInnen in Schönbrunn können sich prinzipiell aussuchen, mit welchen Tieren sie arbeiten möchten - sofern Platz ist und sie das entsprechende "Talent" für den Umgang mit der jeweiligen Tierart haben.
Manche PflegerInnen sprechen gerne und viel über ihre Tiere, manche halten sich über ihre Arbeit lieber bedeckt. "Anfangs waren viele skeptisch, weil sie im Umgang mit Medien nicht immer nur positive Erfahrungen gemacht haben", schildert Lukas Beck im Gespräch mit derStandard.at. "Wir haben sie aber von Beginn an wie die Experten behandelt, die sie sind, und damit war das Eis gebrochen."
Renate Pliem ließ die PflegerInnen "einfach nur erzählen" - und daraus entstanden 71 ganz persönliche Geschichten. "Ich habe so viel neues Wissen in dem einen Jahr angesammelt, das war eine tolle Bereicherung für meine eigene tägliche Arbeit", sagt Pliem, die seit 15 Jahren die Radiosendung "Vom Leben der Natur" auf Ö1 gestaltet. "Das reicht als Weiterbildung für die nächsten Jahre!"
Für Lukas Beck war die Arbeit mit den Tieren eine fototechnische Herausforderung: "Es ist ähnlich wie in der Sportfotografie: Der richtige Moment kommt nur einmal!" Zunächst heiße es, schnell zu sein, weil das Posieren den Tieren nicht so liegt, gleichzeitig sei Hektik aber das Misserfolgsgeheimnis im Umgang mit Tieren; "also ruhig und schnell in einem", beschreibt er seine Arbeit im Buch.
Dass trotz aller Schwierigkeiten fast alle Termine beim ersten oder spätestens beim dritten Versuch gelangen, verdanke er den Pflegerinnen und Pflegern, sagt Beck, "ihrer Erfahrung, der Ruhe, die sie ausstrahlen, und ihren Vorschlägen. Danke!" (isa/derStandard.at, 3.4.2011)
Der Fotograf:
Lukas Becks erstes Buch "Ostbahnkurti und die Chefpartie" erschien 1993.
Einzelausstellungen u.a. im WestLicht und Leopold Museum. Weitere
Bücher, z.B. über die Wiener Sängerknaben, und Publikationen in Medien
wie "Die Zeit" oder der "New York Times".
Die Autorin:
Renate Pliem ist seit 20 Jahren Radiojournalistin. Sie gestaltete zahlreiche Beiträge für Ö1-Sendungen und leitet seit 2000 die Ö1-Radioreihe "Vom Leben der Natur". Sie verfasst auch Geschichten für Kinder.
Lukas Beck, Renate Pliem
"Leben im Zoo"
echomedia Buchverlag, 2011
155 S., 29,90 Euro
Vortrag von Zooexperten und -tester Anthony D. Sheridan:
"Das A und O im Zoo"
13. April 2011, 19.15 Uhr
ORANG.erie Tiergarten Schönbrunn
Eintritt: 5 Euro