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In der Stadt Ishimaki in der Miyagi Präfektur wird eine verletzte Frau in ein überfülltes Spital eingeliefert.

Foto: REUTERS/Kyodo

Schlamm und Trümmer, soweit das Auge reicht. Wo einst Städte und Dörfer an der japanischen Nordostküste standen, haben das verheerende Erdbeben und der Tsunami alles dem Erdboden gleich gemacht. Tausende Helfer durchsuchen Ruinen und Schutthaufen - nur mehr wenig Hoffnung besteht, Überlebende zu finden. Mittlerweile werden immer mehr Tote geborgen, die Zahl könnte mehr als 10.000 erreichen.

"Ich habe versucht, mich mit meinem Mann zu retten", berichtete eine alte Frau aus dem Ort Kesennuma im Norden der Präfektur Miyagi. "Aber das Wasser stieg schnell und zwang uns, in den zweiten Stock eines Hauses zu fliehen, deren Bewohner wir nicht kannten", sagte die Überlebende unter Tränen, die in eine Decke gewickelt ist, dem öffentlich-rechtlichen Fernsehsender NHK. Doch das Wasser stieg immer weiter: "Vor unseren Augen wurden der Hausbesitzer und seine Tochter weggeschwemmt."

Tausende Vermisste in Minamisanriku

Die kleine Hafenstadt Minamisanriku ist fast vollständig zerstört. Von mehr als der Hälfte der rund 17.500 Einwohner gibt es kein Lebenszeichen. Die anderen wurden evakuiert. Nur das Krankenhaus und einige andere Häuser stehen noch. Wer Glück hatte, für den heulten die Warnsirenen rechtzeitig. In Kamaishi etwa konnten sich einige Bewohner gerade noch in höher gelegene Häuser oder Gebiete retten, von wo aus sie mit Entsetzen die Fluten anrollen sahen.

In der Küstenstadt Minamisoma drang die Flutwelle bis zu zwei Kilometer tief vor. Abgesehen vom Zwitschern der Vögel herrscht nun unheimliche Stille. Überall liegen Trümmer von Holzhäusern und von den Naturgewalten zerschmetterte Autos herum. Die 34-jährige Sayori Suzuki erinnert sich mit Grausen an das Beben der Stärke 8,9. "Mein Sohn weinte laut und Dinge fielen aus den Regalen", sagte sie. Immerhin sei ihr Haus stehen geblieben, das Haus eines ihrer Verwandten sei hingegen vom Tsunami mitgerissen worden. "Ein anderer Verwandter erzählte mir, dass er im Auto floh, aber in seinem Rückspiegel sah, dass die Wellen ihn von hinten einholten. Er entkam sehr knapp."

Auch in Sendai hohe Opferzahl

Die ganze Region zeigt ein Bild der Verwüstung: Die bis zu zehn Meter hohe Tsunami-Welle riss am Freitag Autos einfach  weg, warf Lastwagen um und spülte Schiffscontainer aus den Häfen. Reisfelder sind übersät von Müllbergen. In Sendai, der größten Stadt der Region, ziehen Feuerwehrleute Tote aus Haufen von Holz und Schutt. Immer wieder treffen Meldungen von der Küste ein, wonach Helfer hunderte Opfer finden, für die jede Hilfe zu spät kommt.

Die Armee hat 100.000 Soldaten für Hilfs- und Bergungsarbeiten abgestellt. Hunderte Schiffe, Flugzeuge und Fahrzeuge verbündeter Nationen sind auf dem Weg an die betroffene Pazifikküste. Selbst China schickt trotz der Dauerrivalität mit Japan Helfer.

Im Krankenhaus von Sendai sorgen sich die Ärzte um knapp werdende Wasser- und Essensvorräte. Schon am Montag könnten die Lebensmittel ausgehen, warnen sie. Zahlreiche Bewohner der Stadt haben schon jetzt weder Trinkwasser noch Strom. Vielerorts tätigen die Menschen Hamstereinkäufe. An den Tankstellen, die noch geöffnet haben, bilden sich lange Warteschlangen. "Ich warte seit über vier Stunden und ich habe immer noch nicht meinen Tank aufgefüllt", sagt die 64-jährige Sayuri Aizawa. Sie brauche dringend Benzin - seit die Wassermassen ihr Haus mitrissen, schläft sie mit ihrem Mann im Auto. Über 200.000 Menschen sind in Notunterkünften untergebracht. (APA)