Austria vs. USA. Bei der Charity Bowl XII besiegte das Österreichisches Nationalteam das College der Augustana Vikings (NCAA Division III). Es war die erste Niederlage eines US-Colleges gegen ein rein europäisches Team.

Foto: Herbert Kratky

Griff nach den Sternen: Österreichs Teamchef Rick Rhoades, der auch noch die Graz Giants unter seinen Fittichen hat, wird im Juli einen Kader von 45 Spielern in die WM führen.

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Die oft gestellte Frage, was denn passieren würde, wenn ein NFL-Team gegen ein AFL-Team antritt, die kann und mag ich Ihnen in Zahlen nicht beantworten. Der Vergleich alleine ist schon unzulässig. Die NFL ist eine Profiliga, die AFL eine Amateurliga mit zuletzt aber auch deutlich erkennbaren semiprofessionellen Tendenzen. Der durchschnittliche Spieler in der AFL zahlt aber in der Regel dafür, dass er spielen kann. Mitgliedsbeitrag, Ausrüstung, eventuell auch zusätzliche Reisekosten. Und er braucht - falls berufstätig - tolerante Vorgesetzte, oder - falls noch in Ausbildung - viel Zeit für die Schule/das Studium, denn mit zusätzlichen Krankenständen ist zu rechnen. Wo ich zu einem ganz anderen Vergleich kommen will.

Rugby ist ein Männersport und viel härter als Football!

Diese oder ähnliche Aussagen sind von völliger Unkenntnis einer oder beider Sportarten geprägt. Um mich nicht falsch zu verstehen: Ich bin auch Rugby-Fan. Viele Footballspieler sind ebenfalls Rugby-Fans. Einige spielen sowohl Football, als auch Rugby. Keiner aber würde auf die Idee kommen, diese beiden Sportarten miteinander auf der Ebene zu vergleichen, oder bloß weil der Ball eine ähnliche Form hat. Es ist zwar möglich, aber von jeglichem Sinn befreit, American Football ohne Rüstung (Pads) zu spielen. Ebenso wäre es sehr unpraktisch, Rüstungen im Rugby einzuführen, weil es den dafür nötigen Bewegungsradius einschränken würde. Das ist also keine Frage der Härte, sondern des Verständnisses. Beim ersten Kickoff-Return würden (beim Football - ohne Ausrüstung) die Hälfte der Spieler zum Abtransport bereit liegen. Ganz bestimmt auch jene, die Rugby-Erfahrung mitbringen. Ein frontaler Kontakt bei zwei Spielern im vollen Lauf ist „oben ohne" einfach ein 1A-Knockout. Die beiden Sportarten leben friedlich nebeneinander, ihre Berührungspunkte sind optischer Natur, ihr Wesen an sich aber sehr unterschiedlich. Man kann das eine mögen, das andere nicht, aber eine Härte-Klassifizierung auf Basis der Ausrüstung, die ist einfach falsch.

Regeln als Unterscheidungsmerkmal

Während die NFL ihr eigenes Regulativ hat, wird in Österreich nach modifizierten College-Regeln (NCAA Rules & Regulations) gespielt. Hier wird der USA-Vergleich auch erstmals tatsächlich messbar. Einmal im Jahr trifft „Österreich" auf ein US-College Team der dritten Klasse (NCAA Division III). Die Raiffeisen Vikings bzw. zuletzt das Nationalteam schlagen sich dabei recht beachtlich. Das Team Austria schlug das Augustana College 2010 knapp. Es war das erste Mal, dass eine US-College Mannschaft ein Spiel gegen ein rein europäisches Team verloren hat. Die Vikings (mit US-Legionären) haben sowohl Siege als auch Niederlagen in ihrer jährlichen sogenannten „Charity Bowl" gegen US-Colleges am Konto. Man kann also sagen: Im Vergleich zu den USA würde ein Österreichisches Bundesliga Team am untersten College-Level eine vernünftige Rolle spielen können. Gegen Top-Colleges würden sie allesamt untergehen. NFL - siehe oben.

Profis limitiert

Eine dieser angesprochenen Modifikationen der Durchführungsbestimmungen der Wettspielordnung, wie das Pamphlet amtlich heißt, ist die Regulierung von Legionären, in der Sprache und Definition des Verbandes „Klasse-A-Spieler" genannt. Damit sind allgemein alle Spieler gemeint, die entweder über College-Erfahrung verfügen und/oder in Österreich mit der Ausübung des Sports Geld verdienen (Profitum). In der Regel/Praxis sind damit US-Amerikaner oder Kanadier gemeint. Es betrifft aber auch Spieler aller anderen Länder (z.B. Deutschland), aktuell zwar nicht, aber immerhin möglich: auch welche aus Österreich. Die Anzahl der Profis wird seit einiger Zeit von Verbandsseite Jahr für Jahr reduziert. Derzeit sind in der höchsten Spielklasse zwei Legionäre pro Team am Feld erlaubt. Insgesamt darf man als Team maximal vier Legionäre zum Gameday mitbringen. Der Effekt dieser Reduktion war erfreulich. Während man noch Anfang der Nullerjahre alles, was einen US-Pass besaß, kalt rekrutierte und damit gleichzeitig auch die Möglichkeiten heimischer Talente reduzierte, ist die Sichtung und Selektion heute eine ganz andere. Klasse statt Masse ist das Motto und so schlugen zuletzt in der AFL auch „NFL-Cuts" und „College Top Prospects" in Austria auf. Heißt: tatsächlich gute Spieler aus den USA. Das Recruiting ist - wie in anderen Sportarten auch - zu einer eigenen, durchaus komplexen Disziplin empor gestiegen.

Der designierte US-Topstar des Jahres 2011 in der Austrian Football League ist Vikings-Runningback Tony Hunt. Der galt als Penn State (Nittany Lions) Spieler als große Zukunftshoffnung, konnte sich in der NFL dann bei den Philadelphia Eagles aber nicht durchsetzen. Nach zwei NFL-Touchdowns war Schluss, Hunt kommt nach Europa, um in Form und im Spiel zu bleiben und möchte im Spätsommer denn Wiedereinstieg in die US-Profiliga versuchen.

Der Verband präferiert mit dem Giants Head Coach Rick Rhoades auch einen US-Amerikaner als Cheftrainer des Nationalteams. Amerikanisches Know-How, Trainer und auch Spieler sind also durchaus willkommen. Was man mit der Limitierung erreichen wollte und will, das war und ist die Flut an mittelmäßigen US-Profis einzudämmen, stattdessen sukzessive Österreicher von den Altersklassen Minis (U12), Schülern (U14), Jugend (U16) über Junioren (U19) aufbauend in den ersten Mannschaften als Starter zu etablieren. Eben mit der Unterstützung aus den USA, woher der Sport schlussendlich auch kommt. Man ist sich seiner Wurzeln bewusst, will aber ohne Gießkannenprinzip blühen.

Top in Europa

Im europäischen Vergleich schaut es erfreulicher aus, denn da befinden wir uns seit einigen Jahren am oberen Ende der Nahrungskette. Mit seltenen Ausnahmen kann uns lediglich Deutschland Paroli bieten. Sowohl auf Klubebene, als auch bei den Nationalteams. Die europäische Krone (Euro Bowl) wurde in den Jahren 2004-2009 von heimischen Teams gewonnen (4x Vikings, 2x Raiders). 2010 stoppte Berlin die bislang einzigartige Österreichische Serie. Von zehn Spielen zwischen AFL- und GFL-Teams gewinnen im Schnitt aber sieben Mal die Österreicher. Ein höchst seltenes Ballsportereignis also. Bei der EM 2010 musste sich das Team Austria lediglich Deutschland knapp (20:22) geschlagen geben, auf Grund der Gruppenauslosung aber als klar zweitbestes Team des Turnier nach Siegen über Finnland und Schweden sich mit Bronze begnügen. Das nachdem man die C-EM 2007 und B-EM 2009 überdeutlich gewann.

Im dritten und vorletzten Teil der Serie ist die kommende WM das Thema und ich werde ihnen einen der Männer vorstellen, der in der letzten Dekade mitverantwortlich für den Aufschwung des Sports in Österreich war.
 (derStandard.at; Walter Reiterer; 15. März 2011)