Die Maschinen werden nach männlichen Kriterien hergestellt, aber der Frauenanteil in heimischen Industrieunternehmen steigt stetig.

Illustration: Fatih Aydogdu

Es begann mit der einfachen Frage eines Herstellers von Lasersystemen: "Arbeiten Frauen effizienter auf speziell für sie gestalteten Maschinen?", wollte das oberösterreichische Unternehmen Trotec wissen. Nicht zuletzt, weil die Lasergravur typischerweise zu jenen industriellen Tätigkeiten gehört, die heute vorwiegend von Arbeiterinnen verrichtet wird. Konzipiert und konstruiert werden diese Maschinen allerdings noch immer überwiegend von Männern für Männer. Frauen treffen also im konkreten Fall auf eine Arbeitswelt, in der Männer grundsätzlich "Industrienormen" prägen - selbst wenn diese nur minoritär oder gar nicht am Produktionsprozess mit solchen Maschinen beteiligt sind.

2009 formulierte dann ein Konsortium aus insgesamt sechs Partnern einen Projektantrag, der auf eine gesamtgesellschaftlich relevante Beantwortung dieser Frage abzielt: "Genderspezifische Anforderungen für die Entwicklung neuer Maschinen unter Berücksichtigung der Mensch/Maschine-Schnittstelle" sollen in einem FemTech-Forschungsprojekt ausgelotet werden, das im September 2010 begonnen wurde und vorerst drei Jahre dauert. Dabei berücksichtigt dieses Programm des Infrastrukturministeriums zur Förderung der Chancengleichheit in Forschung und Technologie interdisziplinäre Zugänge. Und demnach sollen auch bei der überfälligen Erstellung eines Leitfadens für genderkritischen Maschinenbau gar nicht erst ausschließlich Techniker mitwirken.

Ergonomie ist keine Maßzahl

Sabine Köszegi vom Institut für Managementwissenschaften an der TU Wien erklärt zunächst einmal, was die Ergonomie beitragen kann. Als tradiertes Gebiet in der Arbeitswissenschaft beschäftigt sich diese Disziplin zwar schon lange mit den Unterschieden von Männern und Frauen im Umgang mit Maschinen, allerdings vorwiegend nach anthropometrischen Kriterien. Geschlechtsbedingte Differenzen in Bezug auf Kraft, Körpergröße und -haltung stünden aber nicht im Zentrum des Interesses bei diesem Forschungsprojekt. "Vielmehr sollte die Ergonomie das gesamte Arbeitsumfeld in seiner Organisationsstruktur begreifen", stellt Köszegi klar und meint, es reiche nicht aus, wenn Bedienerinnen ihre Maschinen körperlich beherrschen. Wichtiger sei das Selbstverständnis der Arbeiterinnen in diesem Produktionsprozess, weil es massive Konsequenzen auf den Arbeitsablauf hat.

Lernen könne man von Bereichen des Produktdesigns, die sich bereits länger mit gendersensiblen Aspekten als Verkaufsargument beschäftigen müssen. Köszegi spitzt es zu: "Männer verstehen unter der Effizienz eines Autos tendenziell eher, wie schnell es von 0 auf 100 beschleunigt. Frauen fragen in diesem Zusammenhang öfter nach Kriterien der Sicherheit oder der Nachhaltigkeit." Auch auf den Maschinenbau umgelegt, bedeute dies, dass Produktivität nicht mit technischer Effizienz gleichgesetzt werden dürfe.

Köszegi konstatiert allerdings grundsätzlich, dass der Technik- und der Technologiebegriff historisch gesehen um wichtige Aspekte verstümmelt wurde. Einigen Techniken - etwa der Stricktechnik, dessen Klischeehaftigkeit sich Köszegi durchaus bewusst ist - sei irgendwann einmal der Charakter einer Technik überhaupt in Abrede abgestellt worden, weil es sich dabei angeblich um eine rein "weibliche Technik" handle. Schon aus diesem Grund würden die Projektpartner ihre Ziele sprachlich völlig unterschiedlich formulieren.

Sprachliche Präzision fordert auch Waltraud Ernst vom Institut für Frauen- und Geschlechterforschung der Kepler-Uni Linz. Ziel des Projekts müsse es sein, nicht von stereotypen Vorstellungen über Geschlechterdifferenz oder -gleichheit auszugehen, sondern vor Ort mit allen Beteiligten Problembereiche zu lokalisieren. Ernst schickt voraus, dass diese Frauen bisher noch nicht einmal gefragt wurden, wie es ihnen im Umgang mit den Maschinen überhaupt geht. Erst wenn dies passiert sei, könne das Team sinnvolle Empfehlungen für einen genderkritischen Maschinenbau aussprechen. Würde sich aber herausstellen, dass Frauen deshalb krank werden, weil sie an für Männer konzipierten Maschinen arbeiten, sollten diese natürlich adaptiert werden.

Ernst betont, dass es für das Institut völlig neu ist, an einem derart konkreten Maschinenbauprojekt beteiligt zu sein. Vorwegnehmen wolle sie rein gar nichts für die gendergerechte Gestaltung von Mensch/Maschine-Schnittstellen, außer vielleicht, dass dabei "garantiert keine rosaroten Handies herauskommen werden".

KundInnenwünsche einbauen

Am nächsten dran an der Maschine ist freilich Eugenia Cojocaru vom Linz Center of Mechatronics (LCM). Ihr wurde unter anderem auf einer Messe vor dem Anschauungsobjekt bewusst, dass Maschinenbauer Kundenwünsche bei der Gestaltung schlicht zu oft negieren. Entsprechend nüchtern sah sie zunächst die "Zielgruppe Frauen" als Kundinnen, die vom Maschinenbau schlecht bedient werden, und stellte den Projektantrag. Doch selbst der Begriff der Kundin wird bei diesem Projekt unter Leitung des LCM am Ende sprachlich differenzierter zu fassen sein: Sind damit nur die Bedienerinnen von Maschinen gemeint, die nun ein adäquates Produktdesign einfordern, oder wird gar jene weibliche Mehrheit von Konsumentinnen berücksichtigt, die zu Recht ein genderkritisches Technikverständnis verlangt? Letzteres wäre nur eine verdrängte Grundvoraussetzung für die funktionelle Gestaltung von Mensch/Maschine-Schnittstellen. (Sascha Aumüller/DER STANDARD, Print-Ausgabe, 16.3.2011)