AFBÖ Präsident Michael Eschlböck hatte eine Idee: Die Football Weltmeisterschaft soll in Österreich stattfinden.

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2011 werden am Tivoli, der UPC Arena und im Wiener Happel Stadion acht Nationen um den vierten WM-Titel ringen.

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Dass Österreich die Weltmeisterschaften im American Football organisieren darf, das ist fast so sensationell, wie der Umstand, dass wir uns für diese bei der letzten EM (3. Platz) auch sportlich qualifiziert hätten. Die Organisation der C- und B-Europameisterschaften in den Jahren 2007 und 2009 in Österreich war aus Sicht des Weltverbandes IFAF vorbildhaft und so setzte sich das kleine Land gegen die Mitbewerber Deutschland und Schweden/Dänemark durch. Gar kein leichtes Unterfangen, ist der Präsident der IFAF, Tommy Wiking, auch ein Schwede, der in Österreich trotzdem die bessere Alternative sah. Mehr Zuschauer, ein TV-Deal (ORF wird übertragen), größeres Budget und bessere Stadien (Tivoli, UPC Arena, Happel) haben den Ausschlag für die Alpenrepublik gegeben.

Erwähnen muss man zur sportlichen Qualifikation natürlich, dass die internationale Konkurrenz nicht so groß als in anderen Ballsportarten ist. In Europa repräsentieren auf Klub- und Nationalteamebene Deutschland und Österreich die Spitze, gefolgt von Frankreich, Schweden, Finnland und Großbritannien. Italien, Russland, die Niederlande, Norwegen, Spanien, Dänemark, Serbien und die Schweiz folgen mit unterschiedlichen Respektabständen. In einigen europäischen Ländern steckt der Sport auch noch in den Kinderschuhen seiner Entwicklung, wächst aber - zum Beispiel in der Balkanregion - rasant aus diesen heraus.

Das „American" vor Football

Global gesehen ist - keine Überraschung - die USA das Maß der Dinge, die auch dieses Mal mit ehemaligen Top-College Spielern, die es nicht in die NFL geschafft haben antreten wollen. Gefolgt von Japan, Kanada und Mexico. Die US-Amerikaner sind regierende Weltmeister und auch der große Favorit in diesem Jahr. Die vier genannten Nationen sind gleichzeitig auch jene, in denen es eine Profiliga und/oder College-Liga gibt. Wo hier Österreich im Vergleich steht, das werden wir im kommenden Juli erfahren. Das Team von Rick Rhoades spielt die Vorrunde in der Grazer UPC-Arena gegen Japan, Kanada und Frankreich. Die zweite Vorrunde findet mit den USA, Deutschland, Mexiko und Australien am Innsbrucker Tivoli statt. Die zwei Finaltage gehen dann im Wiener Happelstadion über die Bühne. Der Vorverkauf läuft gut an - mehr über die WM finden Sie auf der offiziellen Webseite

Nicht nur die WM-Vergabe, auch das allgemeine Prosperieren des Sports in Österreich ist unmittelbar mit dem Namen des noch immer jungen Präsident des Verbandes (AFBÖ) verbunden: Michael Eschlböck. Sie werden ihn vielleicht aus den NFL-Übertragungen von PULS 4 kennen, wir haben gemeinsam die Spiele für den Sender kommentiert.

Er führt den Verband mit einer Eigenschaft, die ihm in Vergangenheit sowohl als Stärke als auch als Schwäche ausgelegt wurde. Seine Art und Weise Kompromisse anzustreben macht ihn für die große Mehrheit zur Integrationsfigur. Einige legen ihm das aber auch als Entscheidungsschwäche aus. Zu viele Baustellen blieben offen (dazu mehr im letzten Teil), er sollte öfter ordentlich auf den Tisch hauen. Im heimischen Football ist es nicht anders als in anderen Sportarten. Die Kluft zwischen Ost und West ist da, darin liegt auch so manch gegenseitiges Unverständnis, unterschiedliche Marketingkonzepte die nicht selten zu Misstrauen führen. Dazu Streitigkeiten über Spieler, Regeln, Austragungsmodi usw. usf. etc. pp. Das Übliche halt. Da ist er als Prellbock in der Mitte oft genau der Richtige. Wenn die Entscheidung dann auch manchmal ein typisch Österreichisches Provisorium ist, hält bekanntlich manches hierzulande kaum länger als das.

Better by design

Einig sind sich alle darüber, dass ohne ihm der Football in Österreich heute nicht dort wäre wo er ist. Und er ist weit gekommen. Eschlböck ist in seiner Funktion unumstritten und das gibt ihm breiten Handlungsspielraum. Als er sein Amt übernahm hatte er schon einen Plan, um Österreich an die europäische Spitze heranzuführen. Mit dem Fokus auf die Nachwuchsarbeit gerichtet - damit verbunden war eine radikalen Verjüngung des Einstiegsalters beim Tackle-Football, gelangten die Klubs langfristig auf die Erfolgsspur. Unsere deutschen Nachbarn, die sich selbst die stärkste Liga Europas zuweisen, machten da gerne die hohe Anzahl an Legionären für ihre häufigen Niederlagen im EFAF-Cup und der Euro Bowl gegen AFL-Teams verantwortlich. Eine relativ durchsichtig Ausrede, ist diese auch seitens des europäischen Verbandes geregelt. Die Wahrheit ist eine andere. Ein heute 23-Jähriger Spieler des Österreichischen Meisters hat im Schnitt neun Jahre Tackle-Football-Erfahrung und trainiert drei Mal die Woche. Jener des Deutschen Meisters hat im Schnitt nicht ganz fünf Jahre Tackle-Football-Erfahrung und trainiert zwei Mal die Woche. Das sind die wahren Gründe, warum ein Land mit 3.000 Aktiven gegen eines mit 30.000 Aktiven gewinnen kann.

Zugegeben wurde es vom Deutschen Verband insofern, indem er das Ö-System nun modifiziert übernommen hat. Jahrelang hielt man das Einstiegsalter in Deutschland hoch, nun beginnt man auch dort früher mit dem Tackle-Football = mit vollem Körperkontakt zu spielen. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis Österreich diesen Vorsprung verliert, außer der Verband entwickelt neue Ideen, um gegen den „großen Bruder" zu reüssieren.

Er spinnt!

Bei allen guten Ideen Eschlböcks, hielt man die einer WM in Österreich zunächst für völligen Unfug. Selbst sein Stellvertreter Karl Wurm schüttelte damals leicht sein Haupt, heute spielt der Senior Vizepräsident des AFBÖ eine wichtige Rolle in der Organisation. Vor zehn Jahren noch war es nämlich gar nicht gut bestellt um das Nationalteam. 2001 verpasste es die Qualifikation zur EM, ein Jahr danach fiel der Entschluss das Herren Nationalteam ganz einzustellen, um den gesamten Fokus und die Mittel auf das Junioren Nationalteam zu legen. Eschlböcks Credo damals wie heute: „Wir müssen den Nachwuchs bestmöglich ausbilden, alt werden sie von selbst." Dadurch nahm Österreich auch nicht an der EM Serie der Jahre danach teil und wurde 2006, eben durch diese Nichtteilnahmen, in die europäische C-Gruppe gestuft.

Während die Nationalmannschaft auf Eis gelegt war, spielten aber die Junioren. Nach vier EM-Bronze Medaillen fiel der nächste Entschluss: Das Herren Nationalteam NEU unter der Führung von Head Coach Bernhard Binstorfer wird aufgebaut. Alle verfügbaren Cheftrainer der besten österreichischen Klubteams wurden in den Coaching Staff integriert und Ziele definiert. Ausrichtung der C-EM 2007 als Start für den Durchmarsch mit dem Herrennationalteam NEU in die A-Gruppe 2010 anvisiert.

Ein Testspiel im Jahr 2006, in der dem Football sehr wohlgesonnen Sportstadt Wolfsberg, gegen den damals regierenden Europameister Schweden wurde nur knapp verloren. Schweden nützte das seinerseits als Vorbereitungsspiel auf die WM 2007. Das Fazit: von der Spitze der A-Gruppe war man nicht allzu weit weg, der Wiederaufstieg sollte machbar sein. Und mit etwas Glück kann man um eine Medaille mitspielen.

2007 folgte die Ausrichtung der C-Gruppen EM (Niederlande, Norwegen, Serbien, Schweiz, Österreich) wieder in Wolfsberg. Österreich gewann diese souverän. Noch stärker dann die Leistung bei der B-EM 2009. Österreich ließ im gesamten Turnierverlauf ganze drei Punkte zu. Ein Fieldgoal, über welches Italien bei seiner 3:34 Niederlage nicht jubeln konnte. Spanien (70:0) und Dänemark (42:0) erging es noch schlechter.

Als dann die Austragung der WM 2011 - nach Asien nun abzuhalten in Europa - ausgeschrieben wurde, begann Eschlböck, noch euphorisch von den hohen Siegen des österreichischen Nationalteams und der sich breit machenden positiven Stimmung, mit der Idee der Austragung einer WM zu spielen. Nachdem die als gemeinsame geplante Bewerbung mit Deutschland nicht zustande kam, ging es zurück an die Rechenmaschine. Ein Budgetplan für die Gesamtausrichtung wurde erstellt, überarbeitet und von der Sektion Sport im BKA (Abteilung Großsportveranstaltungen) kam dann vorsichtiges hellgrünes Licht für die erste Phase der Bewerbung. Diese war zu dem Zeitpunkt - mit Deutschland als unmittelbarem Austragungsgegner, sowie einer Austragungsgemeinschaft Schweden/Dänemark - nicht mehr ganz so aussichtsreich.

Die österreichische Bewerbung spielte daher alle positiven Images (Schönheit des Landes, Gastlichkeit, Charme) aus, führte aber auch die durchaus herzeigbaren durchschnittlichen Zuschauerzahlen bei Topspielen der heimischen Liga und Mediencoverage, sowie Top Stadien als Spielstätten ins Treffen, sowie den Support der US Botschaft in Wien.

Nach zwei Hearingrunden und Begutachtung der Austragungsorte erhielt der AFBÖ im Juli 2009 im Rahmen der Junioren WM in den USA am geschichtsträchtigen Boden der American Football Hall of Fame in Canton/Ohio den Zuschlag für die Austragung der WM 2011.

Was soll nun passieren?

„The sky ist the limit.", sagt Eschlböck und meint damit vor allem den Himmel über den Wiener Prater. Die Entscheidung das WM-Finale, sogar beide Finaltage, im Wiener Happel Stadion auszutragen, zog auch viel Kritik nach sich. Es sei eine Spinnerei, denn es werden nur 5.000 Leute kommen und das Stadion werde daher leer sein. Es sind noch vier Monate bis dahin, es sind mehr als 5.000 Tickets bereits verkauft.

Neben dem Einmaleffekt (viele Zuschauer) sind mit der WM auch andere Hoffnungen verknüpft. Ein ganz allgemeine Ausweitung der Zuschauerzahlen. 2012 sollen die Top-Bundesliga Spiele vor 10.000 Zuschauern über die Bühne gehen. Derzeit steht man in Wien und Innsbruck bei knapp der Hälfte, in Graz und bei den Dragons bei noch deutlich weniger. Der Rest der AFL - Salzburg, Prag und Kärnten (Villach) - befindet sich mit seltenen Ausnahmen (zuschauermäßig) auf Fußballkreisklassen Niveau.

Generell hätte man gerne mehr von allem. Mehr Zuschauer, mehr Medieninteresse, mehr Vereine, mehr Spieler, mehr Budget, nur leider nicht ein mehr an der Bundesliga selbst. Darüber wird es u.a. im vierten und letzten Teil dieser Serie gehen. Ob diese Wünsche den Charakter warmer Eislutscher haben, oder ob die WM wirklich einen solchen „Impact" auf den Sport in Österreich haben wird, das wird sich erst im Jahr 2012 erweisen. Falls die Erde sich dann noch dreht.

Im vierten Teil der Vorschau (am Donnerstag) dreht sich alles um Mankos & Medien.  (derStandard.at; Walter Reiterer; 16. März 2011)