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"Volksschauspielers Kartnig" und seine Bühne in Graz.

Foto: Markus Leodolter/dapd

Graz - Jetzt kommt der große Unbekannte ins Spiel. Die graue Eminenz. Er sei "der eigentliche Chef gewesen", sagt Hannes Kartnig, "er war das Hirn. Ich war der Lehrbua und wusste gar nicht, wie das Ganze funktioniert." Nämlich wie der Verein das Schwarzgeldkarussell in Schwung hielt und das Finanzamt blöd sterben ließ.

Dieser Herr S. sei Generalsekretär des Klubs gewesen und habe ihn schon 1992, als er den Klub als Präsident übernommen hatte, in die schwarze Welt des Geldes eingeführt. Behauptet Kartnig.

Am Mittwoch nach dem Auftritt des "Volksschauspielers Kartnig" (Richter Karl Buchgraber) nahm also das "Hirn" des Vereins, das sich aber bald als kleines Würstel und "Befehlsempfänger" zu erkennen gab, auf dem Anklagesessel vor dem Richter - und Kartnig rechts hinter ihm auf der langen Bank mit den anderen Angeklagten - Platz.

Herr S. stellte gleich einmal klar: "Ich soll der Chef, das Hirn gewesen sein? Nein, nein und nochmal nein. Es hat im Verein nur einen gegeben, der das Sagen hatte. Und das war Hannes Kartnig." Er habe nur Abrechnungen gemacht und sei lediglich Bote von Schwarzgeld gewesen. Was damit passiert sei, wer damit bezahlt wurde? Keine Ahnung.

Kartnig hält es nicht länger auf der Bank aus, er lässt Luft ab: "Der Wunderwuzzi waß von nix? War Generalsekretär und waß von nix? Kein Charakter. Er soll dazu stehen so wie ich." Dazu, dass von den Ticket-Erlösen ein Teil für Schwarzgeld abgezweigt wurde. Aus dem Blickwinkel des ehemaligen Generalsekretärs war Kartnig die Nummer eins, dann folgte aber gleich Frau M. , die langjährige Sekretärin, die über allem thronte. Sie sei von Kartnig gekommen. Nicht er sei die rechte Hand Kartnigs gewesen, auch wenn es den Anschein gehabt habe, sondern diese Sekretärin. "Jetzt hören S' aber auf", brüllt Kartnig aus dem Off, "des ist ja net mehr auszuhalten. Den moch i auf, des schwör ich dir", knurrte Kartnig ins Publikum, als g'schmackige Ankündigung für die Befragung des Generalsekretärs, die Kartnig - was ihm zusteht - vornehmen werde.

Der tote Zeuge

Neben Kartnig und Frau M. habe es noch einen dritten wesentlichen Vertrauten gegeben. Den ehemaligen Wirtschaftsleiter des Vereins, der alle Geldgeschäfte abgewickelt habe. Wichtige Unterlagen, die dessen Handschrift tragen, sind - wie auch Gutachter Fritz Kleiner bedauerte - nicht gefunden worden. Der ehemals führende Funktionär kann nicht mehr aussagen. Er ist gestorben.

Mit Fortdauer der Befragung des ehemaligen Herrn S. steigt auch Kartnigs Blutdruck: "Was der zusammenredet. Ich mach gleich das Fenster auf, damit die Wahrheit hereinkommt."

Während Staatsanwalt Johannes Winklhofer mit dem Ex-Generalsekretär ungewöhnlich sanft umgeht - er brachte immerhin wichtige Hinweise - führt ihn Kartnigs Verteidigung vor. Sie stellen in den Raum, dass Herr S. "Kickback-Zahlungen" von einigen Firmenkunden genommen hätte, und Kartnig legt dann in seiner Befragung noch nach und bezichtigt ihn, Geld eingestreift zu haben, damit eine bestimmte Securitygruppe im Stadion Dienst schieben könne.

Schließlich bringt Kartnigs Anwalt Michael Pacher die Sache mit der Haiti-Bar zur Sprache. Ja, die sei sein Kunde gewesen, gibt Herr S. zu. Kartnig feixt in seinem Sitz drei Meter dahinter: "Einmal war ich auch dort mit die Schiedsrichter, hab aber keine Turnübungen gemacht." Es habe ein "Gegengeschäft" mit der Haiti-Bar gegeben, erinnert sich Herr S. Das sei unter "Schiedsrichter- und Delegierten-Betreuung" gelaufen, während der internationalen Bewerbe. Als nette Gefälligkeit für die Gäste.

Bevor die Tiefen des Fußballgeschäftes rot ausgeleuchtet wurden, hatte Kartnig für Richter Buchgraber noch einige Einblicke in die Welt des runden Leders gewährt. Etwa zum Thema Manager. Ein Sturm-Spieler habe zum Beispiel acht Millionen Schilling von einem italienischen Klub für Sturm gebracht. Geflossen seien aber 15 oder 16 Millionen. Den Rest hätten Manager kassiert. Da staunte der Rat. Kartnig: "Jo, schon a verrücktes Geschäft." (Walter Müller, DER STANDARD Printausgabe 17.03.2011)