Wien - Mit einer Provocation pure and simple der jungen Berliner Choreografin Anat Eisenberg geht am Samstag das Festival Imagetanz im Brut-Theater zu Ende.
Fehlen wird dann die seit zwei Wochen allabendlich den Vorplatz des Künstlerhaustheaters (und des Musikvereins) mit reichlich zynischem Diskursmaterial verbessernde Quatschbude des Wiener Künstlers Julius Deutschbauer. Auf die Schaufel genommen wurde darin jene leere, wichtigtuerische Boulevard-Rhetorik, die immer stärker durch Österreich deliriert. Passend dazu hat Deutschbauer noch mehr Kulturgut gekreißt: den Quatscheltanz, der - Prost! - nur in mit Weintrauben gefüllten Bottichen praktiziert werden kann.
In das als Nachwuchsformat geltende Festival passt Deutschbauer trotz seiner fünfzig Lenze, weil aus ihm in steter Blüte etwas nachwächst und neue, wilde Ideen zu einer unüberblickbaren Werkbiografie wuchern. Typisch für Imagetanz unter seiner Kuratorin Bettina Kogler: Mit Witz, Schärfe und ausnahmslos im Hinblick auf ihr kritisches Potenzial wird die übertragene Bedeutung als ein Hauptmotiv der zeitgenössischen Kunst zelebriert.
Das war zuletzt sowohl bei Nathalie Kogers Arbeit mit einer Hula-Hoop-Artistin zu sehen als auch in dem Duett Fields von Franziska Aigner, in denen ganz selbstverständlich ein erweiterter Tanz- und Choreografiebegriff genutzt wurde. Koger kommt aus der bildenden Kunst, und Aigner zählt zur jüngsten Generation innovationsorientierter Tanzschaffender.
In Fields wird eine von zwei Frauen vorgetragene Landschaftsbeschreibung zur Metapher für die Eigenschaften der Bühne als zwielichtiger Raum für konstruierte Ereignisse.
Die Performancegruppe God's Entertainment machte in ihrem Party-Kunst-Event Das Tierreich das Theater zur vorrevolutionären "Animal Farm", in der Performer und Publikum einander als Tintenfische, Giraffen und Schafe verkleidet näher kamen. Und die Künstlerin-Musikerin Lisa Kortschak verwandelte Maya Derens Film Meshes of the Afternoon in ein Neuvertonungskonzert.
Im Endeffekt - Imagetanz hatte sich neben Choreografie und Performance den Begriff "Effekt" auf die Fahnen geschrieben - war das Festival noch mehr als in den vergangenen Jahren ein Mekka für künstlerische Explorationen und für Austauschprozesse zwischen Tanz, Performancekunst, Musik und Film. Dieses Abenteuer findet Anklang in Wien. Mit knapp 90 Prozent Auslastung dürften die Veranstalter zufrieden sein. (Helmut Ploebst, DER STANDARD - Printausgabe, 19./20. März 2011)